Das Bild zeigt zwei Wanderer auf einem Berg mit imposanter Landschaft im Hintergrund
Projekte

Der Online-Gipfelstürmer

Ein Bergsporthändler, der Verantwortung lebt: Bergzeit steht für kompromisslose Nachhaltigkeit und echte Naturverbundenheit – das Handelsunternehmen aus Otterfing zeigt, wie man erfolgreich wächst, ohne seine Wurzeln zu vergessen
TEXT Lena Kaess

Natur und Sport gehen häufig Hand in Hand – sei es beim Klettern, Wandern, Trailrunning oder bei Skitouren. Um diese Abenteuer voll auszukosten, ist immer mehr Menschen die Ausrüstung wichtig. Hier setzt der Onlinehändler Bergzeit an: Das Unternehmen aus Otterfing hat es sich zur Aufgabe gemacht, für jede Aktivität am, auf und um den Berg die passende Ausrüstung bereitzustellen: von der funktionalen Bekleidung über das passende Langlaufequipment bis zur zuverlässigen Kletterausrüstung. Und das mit Erfolg: Bergzeit zählt über zwei Millionen Kunden, versendet täglich über 5.000 Pakete und bietet ein Sortiment aus 40.000 Artikeln von über 500 Marken an.

Das Bild zeigt die Zentrale von Bergzeit in Otterfing bei München

Die Zentrale von Bergzeit inklusive Logistik- und Verwaltungsgebäude steht in Otterfing bei München

Doch obwohl der Onlinehandel heute das Herzstück von Bergzeit bildet, liegt der Ursprung des Unternehmens woanders: 1999 gründete Klaus Lehner, damals noch Geschäftsführer einer Hightech-Firma, das Tourenportal bergzeit.de. Dort veröffentlichte der Bergsportler seine privaten Wanderrouten und lud eingescannte Wanderkarten hoch. Schließlich begann er, GPS-Geräte über die Plattform zu verkaufen. Aus der Website, die als Hobby startete, wurde schnell ein Geschäftsmodell: Lehner etablierte bergzeit.de als Bergsportausrüster.

„Das war der Startpunkt für den jetzigen Bergzeit-Shop“, sagt der heutige Geschäftsführer Martin Stolzenberger, „für die damalige Zeit war es eher ungewöhnlich, sofort einen Onlinehandel zu eröffnen anstatt einen Laden vor Ort.“ Lehner machte es genau andersherum. Erst als die Lagermöglichkeiten in Lehners privatem Haus ausgeschöpft waren, mietete er eine Lagerfläche an. „Aus dieser Lagerfläche wurde dann 2003 unsere erste Filiale in Großhartpenning bei Holzkirchen“, so Stolzenberger. Die zweite Filiale folgte 2010 in Gmund am Tegernsee. „Der stationäre Handel ist für uns wichtig, weil wir dadurch für den Kunden nahbarer werden“, sagt Stolzenberger. Außerdem steige durch die bloße Präsenz eines Ladens auch das Onlinekaufverhalten an.

Das Bild zeigt den Geschäftsführer von Bergzeit Martin Stolzenberger

Martin Stolzenberger, selbst passionierter Bergsportler, ist seit 2018 Geschäftsführer von Bergzeit

Martin Stolzenberger begann 2010 seine Karriere bei Bergzeit – kurz bevor Gründer Lehner 2012 die Firma an die Südtiroler Unternehmerfamilie Oberrauch verkaufte. Seit 2018 ist Stolzenberger als Geschäftsführer tätig. „Ich bin sozusagen ein Kind des Handels. Vor Bergzeit habe ich neun Jahre lang bei Sport Schuster in München gearbeitet“, sagt der Familienvater. Er ist selbst leidenschaftlicher Kletterer, aber auch Mountainbiken und Fahrradfahren gehören zu seinen Hobbys. Nicht nur viel über die Bergsportbranche zu wissen, sondern sie zu leben, ist für Stolzenberger wichtig. Nur so kann er die Werte und Überzeugungen des Unternehmens authentisch nach außen tragen. Bestes Beispiel ist hierfür der Bergzeit-Podcast, wo er regelmäßig verschiedene Persönlichkeiten aus dem Bergsport interviewt.

Der Podcast zeigt: Bergzeit ist mehr als nur ein Onlinehändler. Neben den Produkten und Neuheiten im Shop finden Bergsport-Enthusiasten im „Bergzeit Magazin“ auch Produkttests, detaillierte Tourentipps und Reiserouten sowie Interviews mit Sportstars. „Wir möchten eine Community aufbauen und durch diese Angebote unsere Bekanntheit erhöhen. Bei Bergzeit arbeiten viele Experten, die selbst aktiv in den Bergen unterwegs sind und so unseren Kunden eine umfangreiche Beratung zu den Produkten und Bergsportarten ermöglichen“, sagt Stolzenberger.

Nichtsdestotrotz bleibt das Kerngeschäft klar definiert: „Wir leben nach wie vor vom Ein- und Verkauf unserer Produkte“, so Stolzenberger. Seit Gründer Klaus Lehner vor 25 Jahren die ersten Pakete aus seinem eigenen Haus versandte, hat sich vieles getan: Denn das heutige Geschäftsvolumen erfordert deutlich professionellere Strukturen. Um den steigenden Anforderungen im Onlinehandel gerecht zu werden, hat Bergzeit 2022 sein bestehendes Lager durch ein hochmodernes Shuttle-Lager vergrößert.

Diese Erweiterung wurde mithilfe des Universalkredits der LfA Förderbank Bayern ermöglicht. 2.072 Quadratmeter, voll automatisiert und jede Menge Pakete – das neue Lager markiert einen Meilenstein in der Logistikstrategie des Unternehmens.

Bis zu 25.000 Pakete können von hier aus pro Tag an Bergsportbegeisterte aus aller Welt verschickt werden. Doch das Lager- und Versandvolumen zu steigern, war nicht der einzige Grund für die Erweiterung: Durch die vollautomatische Regalbedienung kann Bergzeit einerseits dem Personalmangel entgegenwirken. Andererseits hat das Unternehmen durch die ebenfalls mit dem LfA Universalkredit finanzierte Photovoltaikanlage auf dem Flachdach des Lagers die Möglichkeit, Strom selbst zu erzeugen. Circa 250.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr werden hier produziert. Das Besondere: Nicht nur das komplette Lager wird mit Strom versorgt, sondern auch Privathaushalte können über die Elektrizitätswerke Schönau Bergzeit-Ökostrom beziehen. Ein Angebot, das auch viele Mitarbeitende von Bergzeit nutzen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist bereits seit langer Zeit ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie und durchdringt jede Pore des Geschäfts: von der Verwaltung bis zur Logistik. Denn ohne eine gesunde Natur keine Bergzeit. Neben einem Umweltmanagement-System gründete man 2017 eine Corporate-Social-Responsibility-Abteilung. Um das Bemühen im Bereich Nachhaltigkeit nach innen wie außen greifbar zu machen, hat Bergzeit dieses in drei Teile untergliedert: „Save“, „Turn“ und „Spread“. „Save“ steht für die internen Maßnahmen, mit denen Bergzeit seine eigenen Handlungen nachhaltiger gestalten möchte. Ein Beispiel ist der Einsatz ressourcenschonender Technologien wie das Betreiben von Klimaanlagen auf Messen mit selbst erzeugtem Strom.

Der Bereich „Turn“ zielt darauf ab, ein Geschäftsmodell im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Hierfür hat das Unternehmen die Plattform Bergzeit RE-USE ins Leben gerufen, auf der Kunden gebrauchte Artikel kaufen oder ihre eigenen gebrauchten Produkte an Bergzeit verkaufen können. Bei „Spread“ geht es darum, Aufklärungsarbeit zu leisten. Bergzeit ist sich seiner Reichweite und des damit verbundenen Einflusses bewusst und nutzt diese Plattform, um über nachhaltigen Konsum zu informieren und Bewusstsein zu schaffen. So möchte das Unternehmen dazu beitragen, dass nicht nur intern, sondern auch in der breiteren Öffentlichkeit ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit stattfindet. „Unsere Kunden haben ein großes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen. Das zeigt uns, dass wir in die richtige Richtung gehen“, sagt Stolzenberger.

Unsere Kunden haben ein großes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen. Das zeigt uns, dass wir in die richtige Richtung gehen
Martin Stolzenberger, Geschäftsführer Bergzeit

Das positive Feedback motiviert weiterhin zu einer umweltbewussten Haltung des Onlinehändlers. Gleichzeitig sieht sich das Unternehmen bereits jetzt mit den realen Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Das Wintergeschäft ist für das Unternehmen essenziell, besonders während der Weihnachtszeit, wenn die Kaufkraft hoch ist. „Da die Winter immer unvorhersehbarer werden, lässt sich schwerer planen, welche Produkte wann gefragt sind. Die Kunden kaufen nach Bedarf: Liegt Schnee, kaufen sie Winterkleidung, liegt keiner, dann nicht.“ Um flexibel zu bleiben, setzt Bergzeit daher auch im Winter auf ein starkes Wander-und Bergsteigersortiment. Auch Alltagsmode gewinnt an Bedeutung: „Selbst in der Innenstadt sieht man immer mehr Outdoorkleidung.“

Für die Zukunft hat sich Bergzeit viel vorgenommen: Man möchte die Nummer eins im Onlinehandel für Bergsport in Europa werden. Dafür plant das Unternehmen, neue Märkte zu erschließen. „Das werden vor allem bergsport- und outdooraffine Länder sein – sei es in Mittel- oder Osteuropa oder in Skandinavien“, erklärt Stolzenberger. Bergzeit bleibt also auf Wachstumskurs, ohne die Verbindung zur Natur aus den Augen zu verlieren.

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