Produktionsfläche von GIWA Kunststofftechnik
Projekte

Vision trifft Familiensinn

Daniel Sieberer liebt Herausforderungen. Deshalb ist er heute Geschäftsführer der GIWA Kunststofftechnik in Westendorf. Sein Ziel: Nachhaltige Lösungen aus Kunststoff zu schaffen.
TEXT Janina Diesch

Ein dynamischer Akteur in der Kunststoffbranche, der sich durch seine Vielseitigkeit auszeichnet: Das Unternehmen GIWA Kunststofftechnik ist in verschiedenen Sektoren wie Büromöbel, Transport, Automotive und Bautechnik vertreten. Von der Projektierung über die Logistik bis hin zum Recycling deckt die Firmen-Expertise den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffprodukten ab. Von der abstrakten Idee bis zur konkreten Umsetzung. Immer im Fokus: das Thema Nachhaltigkeit – in einer Welt, in der Kunststoff und Nachhaltigkeit eigentlich selten in einem Atemzug genannt werden. ­Gerade diese scheinbar kontroverse Verbindung hat Daniel Sieberer besonders fasziniert: „Ich glaube, dass Kunst­stoff in der neuen, in der nachhaltigen Welt eines der wichtigsten Materialien ist. Weil er kreislauffähig ist.“ 2023 gelang es dem Kunststoffhersteller, mehr als 60 Prozent der verwendeten Materialien aus eigens recyceltem Kunststoff zu gewinnen. „Wir nehmen Kunststoffprodukte von Kunden zurück, die bereits fünf bis sieben Jahre im Einsatz sind. Diese vergüten wir. Die recycelten Produkte werden in unserer Anlage aufbereitet und zu einem neuen Produkt verarbeitet. Das spart viel Energie“, erklärt der Geschäftsführer.

Sein beruflicher Weg führte Sieberer von Innsbruck über die USA bis nach München. Er studierte Internationale Wirtschaft, arbeitete in der Unternehmensberatung und einer Investmentbank, gründete ein Start-up. An die Übergangsphase zwischen Consulting und Start-up-Zeit erinnert sich der gebürtige Tiroler gut: „Der Wechsel von einer Welt, in der es um Milliarden geht, zu einer Welt, in der man erst einmal Umsätze realisieren muss, war ein krasser Umstieg“, gibt er zu. „Es fühlte sich an, als wäre ich zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Mit PureJuice hatte er zwar eine gesunde Fast-Food-Marke auf den Markt gebracht, aber sie wollte nicht so recht zünden. Sieberer stieg beim österreichischen Verkehrstechnikkonzern SWARCO ein, blieb elf Jahre, zuletzt als Vorstandsmitglied.

GIWA-Geschäftsführer Daniel Sieberer

Daniel Sieberer studierte Internationale Wirtschaft, arbeitete in der Unternehmensberatung und in einer Investmentbank. 2021 übernimmt er GIWA Kunststofftechnik

Ich habe mein ganzes Leben auf eine Karte gesetzt

Ein Traum lässt Sieberer in all den Jahren aber nicht los. Solange er denken kann, will er Unternehmer sein. Er wird über einen Verkaufsberater auf GIWA aufmerksam, für das Familienunternehmen aus Westendorf wird ein externer Nachfolger gesucht. Zum 1. Januar 2021 ist es schließlich so weit: Sieberer übernimmt GIWA Kunststofftechnik – obwohl er kein bisschen mit der Kunststoffbranche vertraut ist. Bei einer Sache kennt er sich jedoch sehr gut aus: dem Unternehmenskauf. Er räumt jedoch ein: „Ich habe schon relativ viele Firmen gekauft – als Arbeitnehmer in meiner Zeit als Investmentbanker. Als Arbeitgeber war das noch mal etwas ganz anderes. Ich habe mein ganzes Leben auf eine Karte gesetzt und fest daran geglaubt, dass es klappt.“

Lebensmittel regionaler Produzenten

So vielseitig wie nachhaltig: GIWA Kunststofftechnik entwickelt und produziert beispielsweise Kunststoffe für die Automobilbranche, für Büromobiliar und Transportlösungen

Und das hat es! Unter anderem auch dank des Universalkredits der LfA, die Sieberer bereits aus seinen Zeiten als Finanzvorstand kennt. Der Kredit ­ermöglichte es ihm, die Anteile an der Firma zu kaufen. Aber die Anfangszeit war herausfordernd – daraus macht Sieberer keinen Hehl. Der Geschäftsführer musste sich nicht nur in die Struktur des Unternehmens einarbeiten, sondern auch lernen, wie die Kunststoffbranche funktioniert. Dann kam die Pandemie, die Energiekrise, der Ukraine-Krieg und die Inflation. Aber Sieberers Begeisterung für Kunststoff und das Unternehmen war stärker – und so erwirt­schaftete GIWA im Jahr 2023 einen Umsatz von 32 Millionen Euro. Vielleicht verdankt der Geschäftsführer das auch seiner Einstellung: „Mir ist es wichtig, dem Unternehmen und den Menschen, die hier arbeiten, eine Vision zu geben. Und diese ist, in dieser sich wandelnden Industriewelt nachhaltige Lösungen aus Kunststoff zu schaffen.“

1985 hatte der Werkzeugmacher-Meister Walter Götzfried die Firma gegründet und erfolgreich ausgebaut. Nach seinem Tod im Jahr 2017 übernahm zunächst sein Enkel Julian die betriebliche Verantwortung, begab sich aber gleichzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Ein familiäres Unternehmen in fremde Hände zu geben, sei immer eine heikle Angelegenheit, betont Sieberer. Ein Wunsch der Familie war, dass der Betrieb mit Liebe weitergeführt wird. Von jemandem, der die GIWA als bedeutendes Lebenswerk betrachtet und ein tiefes Verständnis für die familiäre ­Unternehmenskultur mitbringt. Diesen ­Jemand hat die Gründerfamilie mit ­Daniel Sieberer gefunden: „Diesmal war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, lacht der Geschäftsführer.

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