Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag bei der LfA?
In der Tat ja, es war der 2. Januar 2007. Das Haus habe ich nicht zum ersten Mal betreten, da ich seit 2003 Mitglied des Verwaltungsrats der LfA war. Sehr beeindruckt war ich vom sehr freundlichen Empfang vom Pförtner bis zum Vorstand, der Computer stand einsatzbereit in meinem Büro, alles funktionierte. Ich kam in ein Haus, das wohlgeordnet ist und in dem die Leute gut zusammenarbeiten. Die Freude, in diesem Haus wirken und gestalten zu dürfen, hat 15 Jahre angehalten.
Gab es während Ihrer Tätigkeiten bei der LfA ein besonders einschneidendes Erlebnis?
Unvergessen wird für mich der Beginn der Corona-Krise im März 2020 bleiben. Es ging damals darum, den Unternehmen rasch die dringend benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen. Viele Betriebe waren ja plötzlich von unterbrochenen Lieferketten, Auftragsrückgängen oder sogar zeitweisen Betriebsschließungen betroffen. Innerhalb nur weniger Tage mussten wir etwa Tilgungsaussetzungen für bestehende Kredite ermöglichen, bestehende Förderprogramme modifizieren und anschließend neue Corona-Sonderprogramme für Kredite, Risikoübernahmen und Beteiligungen aufsetzen. Die Staatsregierung hat uns dabei durch eine Rückbürgschaft entscheidend unterstützt. Auch nachts und am Wochenende wurde in den Hochzeiten gearbeitet. Wir haben hier sehr schnell agile Strukturen zur Krisenbewältigung geschaffen und Prozesse vereinfacht. Unsere gelebte Unternehmenskultur erwies sich gerade auch in dieser einzigartigen Krisensituation als wichtige Stütze.
Welche wesentlichen Impulse konnten Sie Ihrer Einschätzung nach in Ihrer Zeit bei der LfA setzen?
Die schlagkräftige interne Aufstellung der LfA war mir immer schon sehr wichtig. Ich wollte ein Haus formen, in dem sich die Abteilungen intensiv miteinander vernetzen und jeder auch für den Erfolg des Ganzen Verantwortung trägt. Denn die komplexen Herausforderungen der LfA sind in den heutigen Zeiten nicht mehr von einzelnen Abteilungen zu bewältigen – Silodenken ist von gestern. Auch das Thema Diversität war mir stets ein großes Anliegen. Wir haben zum Beispiel den Anteil von Frauen auch in Führungspositionen deutlich erhöht und außerdem einen guten Mix aus älteren und jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etabliert. Das Entscheidende ist, nicht nur gute Ideen zu haben, sondern auch die Beschäftigten von diesen zu überzeugen und Veränderungen schließlich konsequent umzusetzen.
Haben sich unter Ihrer Ägide die Geschäftsfelder der LfA geändert, gibt es neue Schwerpunkte?
Das Bankgeschäft hat sich wesentlich verändert, die Prozesse sind viel anspruchsvoller geworden. Und besonders der IT kommt mittlerweile eine herausragende Bedeutung zu. In der IT schlägt das Herz der Bank. Ohne einen automatisierten Kreditprozess beim Schnellkredit hätten wir die Corona-Krise nicht bewältigen können. Auch förderpolitisch gelten heute andere Schwerpunkte als in der Vergangenheit, die Veränderungszyklen werden immer kürzer. Die förderpolitischen Themen, die heute oben auf der Agenda stehen, sind Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Transformation. Darauf mussten wir uns als Förderbank einstellen. Wir haben dazu auch stark an unserer Unternehmensausrichtung gearbeitet, haben ein klares Leitbild, strategische, mittelfristige und jahresbezogene Ziele und dabei klare Priorisierungen und ein Monitoring.
Woran misst sich der Erfolg der LfA?
Der staatliche Auftrag der LfA besteht letztlich darin, die wirtschaftspolitischen Zielsetzungen ihres Trägers Freistaat Bayern mit den Instrumenten einer Bank umzusetzen. Wenn Sie sehen, dass ein Unternehmen mit unserer Hilfe eine Durststrecke überwindet und wieder auf die Füße kommt, weil wir als Förderbank gut gearbeitet haben, dann ist das sehr motivierend für jeden Mitarbeiter und auch für mich persönlich. Als Förderbank unterstützen wir den Mittelstand aber natürlich nicht nur in Krisenzeiten, vielmehr sind wir durch unsere zielgerichteten Förderangebote insbesondere auch Impulsgeber für Veränderung und Modernisierung. Denn nur mit Investitionen in ihre Wettbewerbsfähigkeit können die Betriebe erfolgreich am Markt bestehen. Die LfA leistet insbesondere im Mittelstand, beispielsweise mit ihrer umfassenden Gründungs- und Wachstumsförderung sowie den speziellen Förderangeboten im Bereich Innovation und Digitalisierung, einen wertvollen Beitrag zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen und schafft damit volkswirtschaftlichen Mehrwert. Übrigens: Um 100 Euro Fördergeld auf die Straße zu bringen, benötigen wir gerade mal 40 Cent. Die Förderung kommt also bei den Unternehmen an.
Wie kann die LfA in den kommenden Jahren zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft in Bayern beitragen?
Bei der LfA gehört Nachhaltigkeit mit den Aspekten Ökonomie, Ökologie und Soziales sowie Governance zu den integralen Bestandteilen des Geschäftsmodells. Wir berücksichtigen das auch bei der Gestaltung unserer Produkte und Prozesse. Zum Beispiel achten wir darauf, dass die geförderten Vorhaben nach Möglichkeit ressourcenschonend oder etwa mit neuen und effizienten Technologien verwirklicht werden und dadurch ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht. Wir unterstützen die Betriebe mit speziellen Finanzierungsangeboten bei Investitionen in Umweltschutz, Klimaschutz, Energieeinsparung und Energieeffizienz. Die Höhe der Förderung richtet sich etwa nach dem Prozentsatz der Energieeinsparung. Ein Effekt, der in doppelter Hinsicht positiv ist. Zum einen verbraucht der Unternehmer weniger Energie, hat also weniger Kosten und Ressourceneinsatz. Zum anderen ist es positiv für Klima und Umwelt. Generell meine ich: Wir sollten beim Thema Nachhaltigkeit mehr an die Chancen als an Risiken denken.
Es ist im Moment viel die Rede davon, dass der Großraum München zum „Silicon Valley an der Isar“ werden könnte ...
Da ist was dran. Wir haben exzellente Universitäten und Forschungseinrichtungen. Auch große Unternehmen finden ein innovatives Umfeld vor, das sie für einen erfolgreichen Standort benötigen. Zudem hat die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Start-ups bei der bayerischen Politik einen sehr hohen Stellenwert. Und da kommt auch der LfA eine wichtige Rolle zu. Wir sind im Bereich der Förderung von Start-ups ganz stark unterwegs, beispielsweise mit unserer Tochtergesellschaft Bayern Kapital in Landshut. Sie hat bei Wagniskapital eine richtige Herangehensweise. Selbst wenn nur jedes dritte oder vierte geförderte Start-up dauerhaft erfolgreich ist, ist das insgesamt ein gelungenes lnvest. Würden wir diesen Bereich nicht so intensiv bespielen, dann würden viele Innovationen in Bayern gar nicht erst stattfinden. Und: Erfolgreiche Exits sind in der Regel sehr profitabel und ermöglichen es uns nicht nur, entstandene Verluste bei nicht erfolgreichen Gründungen auszugleichen, sondern auch, wieder in neue Start-ups zu investieren.
Seit über einem Jahrzehnt sind die Zinsen sehr niedrig. Welche Auswirkungen hätte es auf die Aktivitäten der LfA, wenn das weiter so bleiben würde?
Es gibt Leute, die unser Geschäftsmodell nicht so gut kennen und die Frage stellen: „Warum braucht es denn eine Förderbank, wenn das Geld scheinbar auf der Straße liegt und es der Wirtschaft gut geht?“ Die Antwort lautet: Als Förderbank gleichen wir mit unseren Angeboten die strukturellen Finanzierungsnachteile kleiner und mittlerer Betriebe gegenüber Großunternehmen aus, die sich neben der klassischen Bankfinanzierung auch am Kapitalmarkt günstig refinanzieren können. Wir sorgen damit für Chancengleichheit auf der Finanzierungsseite. Dies gilt in jedem Zinsumfeld, denn an diesem strukturellen Nachteil des Mittelstands ändern auch Niedrigzinsphasen oder die vor Beginn der Pandemie lang anhaltende gute Konjunktur wenig. So bieten wir seit Anfang Juli noch weiter gesenkte marktkonforme Förderzinssätze an und geben dabei unsere äußerst günstigen Refinanzierungskonditionen weiter.
Warum wird die LfA auch in guten konjunkturellen Zeiten gebraucht?
Die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft hängt auch maßgeblich davon ab, dass die Betriebe die aus dem bereits vor Corona begonnenen Wandel in puncto Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz resultierenden Chancen ergreifen. Gerade auch in guten konjunkturellen Phasen kommt es darauf an, dass die Unternehmen weiter rechtzeitig und planvoll in ihre Zukunftsfähigkeit investieren können. Nehmen Sie einen Automobilzulieferer, der beispielsweise Kupplungsteile herstellt. Er weiß genau, dass in vier, fünf Jahren, wenn es mehr Elektroautos gibt, die Nachfrage nach diesem Produkt endlich ist. Er muss sich heute umstellen. Auch wenn es der Wirtschaft gut geht, sind stets Innovationsprozesse im Gange. Unsere DNA besteht darin, ganz besonders den Mittelstand bei diesen notwendigen Transformationen zu unterstützen.
Wird die LfA auch ihren 100. Geburtstag erleben?
Das würde ich mit einem klaren Ja beantworten! Die Herausforderungen waren am Anfang andere, als sie es heute sind. Wir sind als „Flüchtlingsbank“ gestartet. In Bayern gab es viele Heimatvertriebene, die gut ausgebildet waren und viele Fähigkeiten besaßen. Auch mithilfe der LfA wurde es ihnen durch Bürgschaften ermöglicht, eine selbstständige Existenz zu gründen und zum wirtschaftlichen Wiederaufbau in Bayern beizutragen. Schon bald ging es dann darum, Bayern vom stark von der Agrarwirtschaft geprägten Land zu einem modernen Technologie- und Dienstleistungsstandort weiterzuentwickeln. Wir fördern im Auftrag unseres staatlichen Trägers bedarfsgerecht und tragen den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entwicklungen Rechnung. Diese Entwicklungen werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten andere sein als heute – auch insofern war die Pandemie ein Weckruf. Deshalb bin ich persönlich davon überzeugt, dass die LfA auch in den nächsten 30 Jahren die wirtschaftliche Zukunft des Landes mitgestalten wird. Mal sehen, ob es mir vergönnt ist, an der Party zum Hundertsten noch teilzunehmen.
Welche drei Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach für eine Führungskraft am wichtigsten?
Authentizität, Wertorientierung und Menschlichkeit. Ein Fähnchen im Wind kann keine gute Führungskraft sein.
Haben Sie schon eine Idee, wie Ihr Alltag nach dem Abschied von der LfA aussehen könnte?
Mein Nachfolger Dr. Bernhard Schwab muss auf keinen Fall Angst haben, dass ich jeden Tag an der Tür zur LfA rüttle. Ich begreife mein zukünftiges Leben nicht als Ruhestand, sondern als einen neuen Lebensabschnitt, den ich zusammen mit meiner Frau und großer Vorfreude aktiv gestalten werde.