Fertigungsstätten in zehn Ländern, 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die weltweit größte Farbstiftfabrik und 2,3 Milliarden produzierte Holzstifte pro Jahr – das Unternehmen Faber-Castell ist mehr als erfolgreich. Weltberühmte Persönlichkeiten wie Otto von Bismarck und Karl Lagerfeld zählen zu den Liebhabern der Marke, wussten vor allem die Qualität der Bleistifte zu schätzen. Und auch Vincent van Gogh äußert sich bereits 1883 gegenüber einem Freund lobend: „Ich wollte Dir noch erzählen von einer Sorte von Bleistiften von Faber, die ich gefunden habe. Sie sind von dieser Dicke; sehr weich und von besserer Qualität als die Zimmermannsbleistifte, geben ein famoses Schwarz und man arbeitet damit sehr angenehm bei großen Studien.“
Mit einem Bleistift hat auch alles angefangen: Der Schreinergeselle Kaspar Faber spezialisiert sich 1761 in Stein bei Nürnberg auf das Bleistiftmacherhandwerk.
Hundert Jahre später: Kaspar Fabers Ururenkel Lothar von Faber und seine beiden Brüder haben sich mittlerweile mit Geschäften in New York und Paris niedergelassen. Lothar von Faber eröffnet nun neben der Produktionsstätte in Stein bei Nürnberg auch ein Zweigwerk in Geroldsgrün, in dem zunächst Schiefertafeln hergestellt werden. 1898 heiratet Ottilie von Faber (die Enkelin von Lothar von Faber) den Grafen Alexander zu Castell-Rüdenhausen. Mit dem Doppelnamen Faber- Castell begründen sie ein neues Grafengeschlecht und auch einen neuen Namen für das Unternehmen.
1905, nur ein paar Jahre nach Übernahme der Geschäftsführung, entwickelt Graf Alexander von Faber-Castell den dunkelgrünen Bleistift, der heute unter dem Namen "CASTELL 9000" weltbekannt ist.
Die Qualität der hochwertigen Farb-, Blei- und Kopierstifte sowie der technischen Zeichen- und Messgeräte spiegelt sich über die Jahrzehnte in den hohen Verkaufszahlen wider. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg kann das Unternehmen an alte Erfolge anknüpfen. Mitte der 50er-Jahre stellen insgesamt rund 1.600 Beschäftigte Schreibwaren her und erwirtschaften dabei einen Umsatz von 27,5 Millionen D-Mark. Insbesondere Geräte zum Zeichnen, Messen und Rechnen sind gefragt. Aber auch der Kugelschreiber erobert als neues, praktisches Schreibgerät den Markt. Im bayerischen Geroldsgrün konzentrieren sich 380 Mitarbeiter vor allem auf die Produktion von Mess- und Rechenstäben, Linealen und Reißbrettern. Auch hier läuft das Geschäft gut: Das Werk produziert weltweit die meisten technischen Zeichengeräte. Trotzdem steht ein Umbruch bevor, der den Betrieb in eine Krise stürzen wird. Die Konkurrenz nimmt zu, der globale Wettbewerb um den günstigsten Preis ist hart und erfordert technische Innovation. Eine Restrukturierung der Arbeitsprozesse ist zur Erhaltung des Betriebs unabdingbar. Im Jahr 1957 mechanisiert und modernisiert das Unternehmen schließlich die Herstellung per Hand. Da der Einsatz von Maschinen höhere Stromkosten zur Folge hat, errichtet das Unternehmen eine eigene Turbinenanlage, mit der die hohen Kraftstrompreise in der Region um die Hälfte gesenkt werden können.
Die Restrukturierungsmaßnahmen und der Bau der Turbine werden durch ein Darlehen der LfA ermöglicht, das die Förderbank in Höhe von 500.000 D-Mark gewährt und das vor allem dem Werk in Geroldsgrün zugutekommt. Arbeitsplätze können so nicht nur gesichert, sondern sogar geschaffen werden – eine wichtige Veränderung für den ansonsten so industriearmen Standort. Dank der Förderung und des damit verbundenen Wachstums werden in den nächsten zwei Jahren 180 neue Mitarbeiter eingestellt. Die wachsende Nachfrage wird bedient, der Umsatz vergrößert. Und die Bedingung des fünfjährigen Kredits – das Zweigwerk Geroldsgrün bis zum Jahr 1962 zu erhalten – wird mehr als erfüllt: Bis heute gibt es das Werk. Auch in den weiteren Jahrzehnten bleibt die Unterstützung der LfA wichtig für das Fortbestehen des Standorts in Geroldsgrün. Nach einer Phase des Aufschwungs in den 60er-Jahren – das Unternehmen wächst, expandiert sogar nach Brasilien – kommt es zu einem abrupten Absturz: Der Rechenstab, eigentlich ein Kassenschlager, wird aufgrund des elektronischen Taschenrechners überflüssig.
Schwere Umsatzeinbrüche im Werk Geroldsgrün folgen, bis sich die Geschäftsführung erneut zu einer radikalen Umstrukturierung entscheidet. Betriebsstätten in Konstanz und Dossenheim bei Heidelberg werden geschlossen, ihre Fertigung wird nach Geroldsgrün verlegt. Mit Überbrückungskrediten der LfA wird das Werk erneut modernisiert und den technischen Anforderungen der Zukunft gerecht. Im Jahr 1980 erhält Faber-Castell ein weiteres Darlehen in Höhe von 3,2 Millionen D-Mark, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die so geschaffene Atempause zahlt sich aus: Faber-Castell erlebt einen kometenhaften Aufstieg. Der Traditionsbetrieb, der sich seit 260 Jahren in Familienbesitz befindet, erwirtschaftet als eines der ältesten Unternehmen Europas jährlich über 580 Millionen Euro.