Kurzarbeit ist ein tragender Pfeiler
Alles, was unsere Betriebe schützt und die Konjunktur stützt, nützt: Durch das Halten der Belegschaft können die Unternehmen ihre Produktion schneller wieder hochfahren
Die Corona-Pandemie stoppt global die Wirtschaftsprozesse und beeinträchtigt die Wirtschaft in Bayern und Deutschland massiv. In nahezu allen Bereichen geht die Nachfrage stark zurück. Außerdem sind viele Lieferketten unterbrochen, weil keine Vorprodukte mehr produziert oder angeliefert werden können. Des Weiteren müssen Unternehmen ihre Produktion drosseln oder einstellen, weil Mitarbeiter entweder erkrankt sind, sich in Quarantäne befinden oder ihre Kinder betreuen müssen. In vielen Sektoren, etwa im Hotel- und Gastgewerbe, im Verkehr und Tourismus und in vielen Dienstleistungsbereichen, ist die ausgefallene Nachfrage für immer verloren. Mittelfristig sind steigende Beeinträchtigungen zu erwarten, was deutlich negativen Einfluss auf das deutsche und bayerische Wirtschaftswachstum mit sich bringt.
Was die Unternehmen jetzt brauchen, ist Liquidität. Gerade deshalb sind die Beschlüsse der Bundesregierung hinsichtlich der Unterstützung von Unternehmen und Beschäftigten richtig und wichtig, vor allem die staatlichen Finanzhilfen und die neuen Regelungen zur Kurzarbeit. Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bei Durchführung der Kurzarbeit hilft, unseren Unternehmen die dringend benötigte Liquidität zu sichern. Der bayerische Rettungsschirm dient dem gleichen Ziel der Liquiditätssicherung. Die Aktivitäten der Bayerischen Staatsregierung zur Unterstützung der Unternehmen sind bundesweit vorbildlich. Dies gilt vor allem für die Soforthilfe, mit der Unternehmen bis 250 Beschäftigte, die durch die Corona-Krise in Existenznot geraten sind, unbürokratisch Hilfen bis zu 50.000 Euro erhalten können, aber auch für die längerfristig angelegten Bürgschafts- und Haftungsfreistellungsprogramme sowie eine etwaige Beteiligung an Unternehmen.
Die Finanzverwaltung hat erleichterte Möglichkeiten zur zinslosen Steuerstundung und zur Kürzung von Vorauszahlungen eingeräumt. Der Finanzminister schenkt den Unternehmen damit wichtige Zeit. Er reduziert anstehende Abbuchungen, wenn sie aufgrund der Krise zu hoch ausfallen würden. Auch das federt die akuten Engpässe der Unternehmen hilfreich ab. Wertvoll sind darüber hinaus der angekündigte Sonderfonds, der von anfänglich zehn auf nun 20 Milliarden Euro aufgestockt wurde, und die Ausweitung des LfA-Bürgschaftsrahmens. Auch die Möglichkeit, dass sich der Staat über den „Bayernfonds“ an Unternehmen beteiligt, ist in dieser Krisenlage richtig und notwendig.
Damit und mit dem neuen Stabilisierungsfonds des Bundes erweitert sich die Reichweite der Fördermöglichkeiten insbesondere auch für große Fälle, die ohne Hilfe sehr stark auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt durchschlagen würden. Bundesregierung und Bayerische Staatsregierung zeigen mit den Maßnahmenbündeln umfassende Handlungsfähigkeit. Diese müssen nun schnell und unbürokratisch umgesetzt werden, damit den Unternehmen rasch geholfen wird. Jeder ist in der Krise gefordert, sein Bestes im Rahmen seiner jeweiligen Möglichkeiten zu tun.
Es geht jetzt um die Existenzsicherung der Unternehmen. Wenn man die soziale Schieflage durch die Corona-Krise verhindern und die Unternehmen bei der Bewältigung der Krise unterstützen will, ist die Kurzarbeit ein tragender Pfeiler, durch den die Unternehmen unmittelbar gestärkt werden. Kurzarbeit sichert den Unternehmen Liquidität und ist unerlässlich für die Unternehmens- und Beschäftigungssicherung. Durch das Halten der Belegschaft können die Unternehmen nach der Krise ihre Produktion schneller wieder hochfahren. Ihnen nützt dabei die Entlastung von den Sozialversicherungsbeiträgen. Das ist die beste soziale Sicherung, die aktuell zur Verfügung steht. Alles, was unsere Betriebe schützt und die Konjunktur stützt, nützt.
Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 bis 2010 war die Wirtschaftskraft Deutschlands, nicht zuletzt dank des besonnenen Handelns von Staat und Unternehmen, stärker als zuvor. Es ist zu hoffen, dass das Ergebnis diesmal genauso sein wird und unser Land die Lage gut meistern kann. Die richtigen Grundlagen dafür sind jedenfalls gelegt.
Industrieller Neuaufbau und Umbruch
Wir stehen vor einem gravierenden Wandel: Der Begriff „Partnerschaft“ wird neue Kraft erhalten. Globale Beschaffungsstrategien kommen auf den Prüfstand
Darauf war kein Notfallplan abgestellt: Was die aktuelle Corona-Krise Unternehmen aller Größen und Branchen in Bayern abverlangt hat – und noch abverlangen wird –, ist beispiellos. Keiner, der heute Verantwortung im Unternehmen trägt, hat so etwas schon erlebt. Keiner hat Antworten darauf in seinen Krisenplänen vorweggenommen. Keiner von uns kann noch „Business as usual“ betreiben. Dieser Ausnahmezustand wird sich noch eine Zeit lang hinziehen. Und danach wird manches, was bisher als „usual“ galt, womöglich überholt sein.
Vor allem in einem Punkt stehen wir vor einem gravierenden Wandel: Der Begriff „Partnerschaft“ wird neue Kraft erhalten. Auf absehbare Zeit werden Unternehmen in ihrer Zusammenarbeit darauf angewiesen sein, dass sich Kunden und Lieferanten, Dienstleister und Versorger hochflexibel und pragmatisch zeigen. Dabei geht es nicht nur um Zahlungsmodalitäten. Es geht um die Verantwortung für die Existenz des anderen – so, wie es das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns seit jeher vorsieht. Diese Form der Rücksicht wiederum öffnet Perspektiven auf gemeinsame Lösungen. Wie wir es in der Krisenarbeit der IHKs sehen, schlägt jetzt die Stunde des integrierten Denkens und Handelns. Einzelinteressen sind hintangestellt, dem gemeinsamen Bedürfnis von Wirtschaft und Gesellschaft gilt alle Aufmerksamkeit. Daraus ergeben sich recht klare Handlungsempfehlungen für das weitere Vorgehen aller.
Was ist jetzt schon absehbar? Globale Beschaffungsstrategien kommen auf den Prüfstand, Risikobewertungen werden neu angestellt. Das bedeutet: Die Nahversorgung mit Produkten, Zulieferungen und Dienstleistungen bekommt neues Gewicht. Insbesondere dort, wo Unternehmen Hightech-Wissen und -Bausteine beziehen wollen (oder müssen), um Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten und eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, ist das der Fall. Das wird Rückwirkungen auf die Lieferketten haben, mehr aber noch auf die Qualifikation der Mitarbeiter – bestehende wie zukünftige. Schon jetzt ist Bayern ein gut positionierter (Aus-)Bildungsstandort mit einer ausgeprägten Rückkopplung an die regionale Wirtschaft. Hier erweist sich einmal mehr das Duale System als ausgesprochen nachhaltig und wertvoll. Es wird gerade auf dem Weg zurück in die Normalität eine verlässliche Größe bilden, auf die jede Branche, jeder Betrieb aufbauen kann.
Diesen Effekt gilt es nicht nur zu erhalten, sondern zu verstärken – nicht zuletzt zum Schutz vor Abwanderung. Wir werden den Verlust von Talenten zwar nie ganz verhindern können, aber wir können die attraktiven und lebenswerten Merkmale unseres Landes künftig stärker in die Waagschale werfen. Bei allen Komplikationen, die das Sars-CoV-2-Virus ins Land gebracht hat, werden sich Bayern und seine Wirtschaft widerstandsfähiger zeigen als manch anderer Standort, mit dem wir im Wettbewerb stehen. Gerade für die mittelständischen Hidden Champions im Land ergibt sich daraus ein guter Ansatzpunkt im langfristigen Wettbewerb um kluge Köpfe.
Die Entwicklung von Arbeit 4.0 hat einen deutlichen Schub bekommen. Nicht nur, weil das Homeoffice auf einmal salonfähig geworden ist; hier werden viele Firmen noch große Anstrengungen unternehmen müssen, um die eher zufälligen, improvisierten Lösungen von jetzt in tragfähige Strukturen umzuwandeln. Vielmehr noch wird es darum gehen, die schon heute bestehenden Möglichkeiten zur Digitalisierung auszudehnen und zu verstärken, um auf künftige Krisen schneller und flexibler reagieren zu können – von der Prozessgestaltung über die Verwaltung bis hin zur Fertigung und zum Vertrieb. Die Idee des „Digitalen Campus“ mit einem enorm effizienten Ressourceneinsatz bietet nun die Chance, den Fertigungsfluss zu vereinfachen und Produktion zurückzuholen. Die Optionen des 3-D-Drucks bieten dabei gerade für unseren Standort enormes Zukunftspotenzial mit höherer Autarkie. Dazu kommt: Der Wert des „Rohstoffs“ verlässliche Information ist gestiegen und wird in den Unternehmen seine Wirkung entfalten. Umso wichtiger ist der zügige Ausbau einer hochleistungsfähigen Breitbandversorgung im ganzen Land.
An „Breitband“ besteht auch an anderer Stelle Bedarf. Die Notwendigkeit, persönliche Kontakte zu reduzieren, verschafft dem Onlinehandel besonderen Schub, der über die Krise hinaus wirkt. Auf den weiter wachsenden Lieferverkehr aber benötigen insbesondere unsere Innenstädte Antworten. Viele bestehende und geplante Konzepte sind noch nicht darauf eingestellt, was Tür-zu-Tür-Anlieferung in großem Stil mit sich bringt. Gerade wenn es um die Lebensfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen geht, braucht es hier belastbare Lösungen. Dann haben auch lokale Bringdienste jenseits von Pizza und Pasta eine Chance. Die Ausnahmesituation dieser Tage macht erkennbar, was es sich überdies lohnt zu bewahren und zu verstärken: Dezentrale Strukturen sind, gerade mit Blick auf den ländlichen Raum, ein klarer Vorteil beim Aufrechterhalten der Nahversorgung. Das gilt für Lebensmittel und die Güter des täglichen Bedarfs ebenso wie für den Gesundheitsbereich. Dadurch lassen sich die Versorgungswege für die Menschen kurz halten und Beschaffungsströme in die Städte vermeiden. Für Unternehmen außerhalb der Metropolen eröffnen sich zusätzliche Optionen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, weil Mitarbeiter auf kurzen Wegen in die Firma gelangen und zur flexiblen Gestaltung von Arbeitsprozessen beitragen können. Eine weitere Chance gilt es, ebenfalls ohne Zögern zu nutzen: In der Zeit des industriellen Neuaufbaus und Umbruchs, der sich jetzt anbahnt, sollten wir unser Know-how und Potenzial nutzen, um mit Entwicklungen und Produkten zum Schutz des Klimas einen dauerhaften Vorsprung zu erarbeiten. Diese Aufgabe wird noch mehr Kräfte brauchen als jetzt die Bewältigung der Pandemie.
Nicht zuletzt gilt daher: Vorsorge schützt und die Verbesserung von Abläufen und Systemen ist unternehmerisches Gebot. Damit wir dieser – und der nächsten – Krise souverän begegnen können.
Handwerk braucht zügige Entscheidungen
Die Corona-Krise hat das Handwerk empfindlich getroffen. Es gilt, Baugenehmigungen schneller zu erteilen und geplante Investitionen vorzuziehen
Ich danke allen Kunden, die unseren Handwerksbetrieben in den letzten Wochen die Treue gehalten, bei ihnen eingekauft und neue Aufträge erteilt haben. Die Betriebe in Bayern brauchen private und gewerbliche Aufträge jetzt dringender denn je: Viele Handwerkerinnen und Handwerker mussten zuletzt teils heftige Umsatzeinbußen hinnehmen. Auch wenn noch keine endgültigen Zahlen vorliegen, steht bereits fest: Die Corona-Krise hat das Handwerk empfindlich getroffen. Die Auswirkungen werden noch über lange Zeit zu spüren sein.
Um die Folgen zu lindern und so viele Betriebe wie möglich zu retten, muss die Politik weiter pragmatisch handeln: Unsere Handwerksbetriebe brauchen einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld. Steuern müssen gestundet und Liquiditätshilfen in Form von Überbrückungskrediten und Bürgschaften gewährt werden. Hierbei kommt der Verwaltung sowie den Haus-, Förder- und Bürgschaftsbanken eine besonders wichtige Rolle zu. Sie müssen möglichst unbürokratisch dafür sorgen, dass die Gelder schnell fließen. Eine zu lange dauernde Kreditprüfung kostet Betriebe, die sich in einem existenzbedrohenden Liquiditätsengpass befinden, wertvolle Zeit.
Das bayerische Handwerk begrüßt daher den Beschluss der Staatsregierung, auch für Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten ohne langwierige Prüfverfahren eine 100-prozentige staatliche Garantie zu übernehmen. An jedem Betrieb hängen Arbeits- und Ausbildungsplätze, die es zu sichern gilt! Neben den Verbrauchern kommt hierbei der öffentlichen Hand eine besondere Rolle zu: Das Handwerk braucht zügige Verwaltungsprozesse und Entscheidungen. Es gilt, Baugenehmigungen schneller zu erteilen und geplante Investitionen vorzuziehen. Ausschreibungen sollten möglichst so gestaltet werden, dass kleine und mittlere Betriebe zum Zug kommen. Aufgaben kommunaler Eigenbetriebe könnten in Teilen vom Handwerk übernommen werden. In Kombination mit den Aufträgen der privaten Verbraucher hilft dies, Arbeits- und Ausbildungsplätze im bayerischen Handwerk zu erhalten.