Kunstkalender 2024 – Kalenderblatt April
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Die Stufen fühlten sich an wie ein Teil der eigenen Geschichte, allein ihre physische Präsenz ließ sie wie stille Begleiter des Hauses, wie abstrakte Speicher persönlicher und kollektiver Erinnerungen wirken. Auf die Frage, was mit den Stufen geschehe, antworteten die Handwerker, dass sie sie entsorgen würden. Ob er sie haben könne, fragte der Künstler. Und auf die verwunderte Rückfrage der verschwitzten Treppenbauer, wie viele er denn haben möchte, antwortete dieser mit einem Grinsen im Gesicht: „Alle!“
Für seine Arbeit „Territories and Traces“ wählte Kaplan 36 Tritte dieser Treppe aus. Sie bestehen aus Eichen- und Fichtenholz und ihre Oberflächen sind je nach Etage unterschiedlich abgenutzt. Indem er sie senkrecht und mit gleichem Abstand nebeneinander an der Wand installierte, verfremdete er die gewohnte Perspektive auf die Stufen. Beim Abschreiten entstand ein neuer, gleichsam musikalischer Rhythmus von dicht zu licht, ein anderer Blick auf die Stufen und ihre Geschichte, die sich durch jahrzehntelange Benutzung in das Holz eingeschrieben hatte. Jetzt waren auch all die Kerben und Narben zu sehen, der unterschiedliche Abrieb der Oberflächen, die Veränderungen in der Farbe. Aus ehemals funktionalen und kaum beachteten Teilen wurde eine Skulptur – und die Bewohner und Besucher des Hauses, die durch ihre Schritte über Jahrzehnte den Objekten ihre finale Form gegeben hatten, wurden nachträglich zu Bildhauerinnen und Bildhauern dieses Werks.
Text: Prof. Dr. Bernhart Schwenk