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Kunstkalender 2023 – Kalenderblatt Mai

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2023

Technische Daten

  • Qiao Wan
  • Titel: Where will the wind be starting
  • Jahr: 2022
  • Größe (H x B x L): 1.5 x 0.5 x 1.5 m
  • Technik: 1:30 Min.; 3D digitale Animation;
    Looping im holografischen Lüfterprojektor

Where will the wind be starting

Die Künstlerin beschäftigt sich intensiv mit der physisch abwesenden Sozialisation, die durch die übermäßige Nutzung von digitalen Netzwerken in der modernen Gesellschaft verursacht wurde. Die 3-D-Animation begegnet Hindernissen, Stagnation und einem ungesunden Zustand des Körpers metaphorisch in Form von Glitch-Art; der Übergang der Figur von der ersten Vision zur vierten Perspektive kombiniert das visuelle Persistenzprinzip des holografischen Fächers und die physikalischen Eigenschaften des Windes. Diese Arbeit versucht das Problem zu erkennen und einen Ausweg zu finden, wenn die Maske vom Wind gesprengt wird.

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Am Eingang zur abgedunkelten Aula der Münchner Kunstakademie, in der während der Jahresausstellung Videoarbeiten gezeigt wurden, erregte eine Projektion Aufmerksamkeit, die eine Art Metamorphose eines scheinbar menschlichen Wesens zeigte. Im Standbild sehen wir eine kauernde Figur, die nur mit einer Maske vor dem Gesicht bekleidet ist. Die Knie sind zur Brust gezogen, der große, kahle Kopf ist nach oben gereckt, wohin auch die leicht geöffnete rechte Hand zu weisen scheint, während sich die Finger der vorderen Hand zum Körper hin krümmen.

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    Das seltsame Wesen wurde digital erschaffen. Zur Wiedergabe nutzte die Künstlerin Qiao Wan ein Medium, das vor allem im Showbereich eingesetzt wird, einen sogenannten Holo-Fan. Das ist in unserem Fall ein Rotor mit acht Flügeln, die mit miniaturisierten LED-Lichtpunkten durch schnelle Drehung Bilder erzeugen. Bei genauer Betrachtung erkennt man die feinen Projektionsstreifen des dadurch entstandenen leuchtenden Rundbildes ebenso wie den Mittelpunkt, das stillstehende „Auge“ im Zentrum des Rotors. Die fächerartige Abfolge heller und dunkler Felder ist ebenfalls der Rotation geschuldet. Im Verlauf des Videos schaukelte die Figur mit dem Oberkörper sanft vor und zurück und drehte sich langsam zum Betrachter, bis sich schließlich die Maske löste, in pulsierende Einzelteile barst, sich wieder zusammensetzte und zurück auf den Kopf schwebte.

    Am Rand der Projektion sind Störungen zu erkennen, absichtlich eingebaute Pannen in der Datenverarbeitung. Qiao Wan arbeitet mit den Methoden der Glitch-Art, bei der seit den späten 70er Jahren z. B. Videos durch programmierte Fehler (Glitch meint so viel wie Panne) manipuliert und verändert wurden. Die kleinen Fehler stören die Perfektion. Sie vermitteln einen Eindruck davon, dass es sich um eine Datenkonstruktion handelt. Die Projektion mit rotierendem Fächer bringt jedoch nicht nur ein Bild hervor, sondern erzeugt zugleich einen sanften Windhauch, ein sinnliches Phänomen, auf das sich der Titel bezieht. Dadurch sind wir, die realen Menschen vor dem Werk, einbezogen in die Performance. Die Maske vor dem Gesicht der Figur, die in ihrer Farbigkeit und Glätte an ein universelles Modell erinnert, scheint sich zu öffnen und zu schließen, als würde sie atmen. Der Rotor erzeugt einen Hauch wie von einem schwachen Wind – man mag dabei an die Metapher des Einhauchens von Leben denken, und tatsächlich „lebt“ die Figur durch die Bewegung der acht Flügel. Die Maske ist mit Symbolen aus der Heimat von Qiao Wan bedeckt, die die Elemente vertreten, die in ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung eine Persönlichkeit formen. Unter ihr zeigt die Figur jedoch kein Gesicht, sondern es erscheint eine leere Form. Der Akt der Befreiung aus dem System, das die Figur erschafft und ihre Perfektion zugleich stört, muss von uns, den ebenfalls vom Wind Berührten, aktiv gedacht werden.

    Text: Jochen Meister

    Die Künstlerin

    Künstlerin Qiao Wan
    Qiao Wan
    1985

    Geboren in Xichang, Sichuang, China

    Lebt und studiert in München

    2004

    Sichuan Konservatorium für Musik, Ölmalerei

    2012

    Studium Bildnerisches Gestalten und Therapie bei Professorin Senta Connert an der Akademie der Bildenden Künste München

    2015

    Studium Freie Kunst – Digitale und zeitbasierte Medien
    bei Professor Klaus vom Bruch und Professor Julian
    Rosefeldt an der Akademie der Bildenden Künste München

    AUSSTELLUNGEN (Auswahl)

    2016

    »Catwalk«, Jahresausstellung der Akademie der Bildenden Künste München

    2017

    »Atmosphère X Dasein«, Ausstellung zeitgenössischer Kunst in China, Shenzhen Kunstmuseum, China

    2021

    »#bw7o«, »BODY WITHOUT ORGANS«, Sugar Mountain München, Deutschland

    2022

    »WHERE WILL THE WIND BE STARTING«, »LASSITUDE«, Goethe-Institut Paris, Frankreich

    Instagram: @qiao_anw