Kunstkalender 2023 – Kalenderblatt Mai
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Das seltsame Wesen wurde digital erschaffen. Zur Wiedergabe nutzte die Künstlerin Qiao Wan ein Medium, das vor allem im Showbereich eingesetzt wird, einen sogenannten Holo-Fan. Das ist in unserem Fall ein Rotor mit acht Flügeln, die mit miniaturisierten LED-Lichtpunkten durch schnelle Drehung Bilder erzeugen. Bei genauer Betrachtung erkennt man die feinen Projektionsstreifen des dadurch entstandenen leuchtenden Rundbildes ebenso wie den Mittelpunkt, das stillstehende „Auge“ im Zentrum des Rotors. Die fächerartige Abfolge heller und dunkler Felder ist ebenfalls der Rotation geschuldet. Im Verlauf des Videos schaukelte die Figur mit dem Oberkörper sanft vor und zurück und drehte sich langsam zum Betrachter, bis sich schließlich die Maske löste, in pulsierende Einzelteile barst, sich wieder zusammensetzte und zurück auf den Kopf schwebte.
Am Rand der Projektion sind Störungen zu erkennen, absichtlich eingebaute Pannen in der Datenverarbeitung. Qiao Wan arbeitet mit den Methoden der Glitch-Art, bei der seit den späten 70er Jahren z. B. Videos durch programmierte Fehler (Glitch meint so viel wie Panne) manipuliert und verändert wurden. Die kleinen Fehler stören die Perfektion. Sie vermitteln einen Eindruck davon, dass es sich um eine Datenkonstruktion handelt. Die Projektion mit rotierendem Fächer bringt jedoch nicht nur ein Bild hervor, sondern erzeugt zugleich einen sanften Windhauch, ein sinnliches Phänomen, auf das sich der Titel bezieht. Dadurch sind wir, die realen Menschen vor dem Werk, einbezogen in die Performance. Die Maske vor dem Gesicht der Figur, die in ihrer Farbigkeit und Glätte an ein universelles Modell erinnert, scheint sich zu öffnen und zu schließen, als würde sie atmen. Der Rotor erzeugt einen Hauch wie von einem schwachen Wind – man mag dabei an die Metapher des Einhauchens von Leben denken, und tatsächlich „lebt“ die Figur durch die Bewegung der acht Flügel. Die Maske ist mit Symbolen aus der Heimat von Qiao Wan bedeckt, die die Elemente vertreten, die in ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung eine Persönlichkeit formen. Unter ihr zeigt die Figur jedoch kein Gesicht, sondern es erscheint eine leere Form. Der Akt der Befreiung aus dem System, das die Figur erschafft und ihre Perfektion zugleich stört, muss von uns, den ebenfalls vom Wind Berührten, aktiv gedacht werden.
Text: Jochen Meister
Die Künstlerin
