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Kunstkalender 2023 – Kalenderblatt Juni

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2023

Technische Daten

  • Anneke Marie Huhn
  • Titel: GIVEN 8782
  • Jahr: 2022
  • Größe (H x B): 158 x 201 cm
  • Technik: Performance und Installation
  • Materialien: Stahlrohr, Textilgarn

GIVEN 8782

Die künstlerische Praxis der Bildhauerin und Unternehmerin umfasst neben den Arbeiten von Fotografie, Skulptur und Performance insbesondere soziale Plastiken – ein Begriff, den Huhn sukzessive in ihrer künstlerischen und unternehmerischen Praxis weiterentwickelt. Das Analysieren von sozialen Zusammenhängen und Dynamiken, im Besondern aber das Aufzeigen und Verändern hin zu einem erhofften Ideal ist Huhns zentraler Arbeitsansatz. So geht es ihr im Speziellen darum, die gesellschaftliche Struktur mit Mitteln der Kunst anders zu denken, zu ändern und neu zu gestalten.
 

 

In ihrer performativen Arbeit »GIVEN 8782« spannte Anneke Marie Huhn insgesamt 21 Kilometer schwarzes Garn um zwei Stahlpfosten, die in einem Abstand von etwa zwei Schrittlängen im Atelier ihrer Klasse an der Münchner Kunstakademie aufgestellt waren. Die Künstlerin teilte diese Tätigkeit auf sieben Arbeitstage auf, an denen jeweils drei Kilometer des Garns abgespult wurden. In unserer Fotostrecke ist Anneke Marie Huhn bei dieser Performance zu sehen. Die körperlich anstrengende Arbeit, bei der das permanente Im-Kreis-Gehen auch zu Schwindelgefühlen führte, schlägt sich in der horizontalen Struktur nieder, die Schritt für Schritt (im wahrsten Sinne des Wortes) zwischen den beiden Metallstangen entstand. Es kam zu Verdichtungen, die mit dem erforderlichen Kraftaufwand, um die Spule auf einer bestimmten Höhe zu halten, korrespondierten. Im Flow des Abwickelns entstand eine Zeichnung im Raum. Zugleich entwickelte das Garn eine ungeahnte Kraft und bog die beiden Stangen zueinander.

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    Bei »GIVEN 8782« handelt es sich um ein Werk mit ausdrücklich sozialem Aspekt. Da ist zum einen die Vorstellung einer speziell „weiblichen“ Arbeit, wenn es um die Beschäftigung mit Textilien geht. Dem Klischee farbenfrohen Kunsthandwerks begegnet die Künstlerin mit Reduktion und Strenge sowie einem Konzept, das sich ausdrücklich mit der Textilindustrie beschäftigt. Auslöser war die Erkundung einer ehemaligen Textilfabrik im schweizerischen Kanton Glarus, bei der die Künstlerin viel Material, insbesondere Quellen zu den prekären Arbeitsbedingungen, beispielsweise denen sogenannter Gastarbeiterinnen, fand. Die Garnspulen für ihre Performance erwarb sie in konfektionierter Länge bei einer dort noch ansässigen Firma. Im Titel des Werks findet sich, wenn auch verschlüsselt, ein Hinweis auf diese Herkunft mit dem Einbezug der Postleitzahl. „GIVEN“ kann dann einerseits auf das Geben von Arbeitsleistung, aber auch im Sinne einer Versuchsanordnung gelesen werden: Gegeben sei ...

    Kalenderblatt Juni

    Ein wichtiger Aspekt für Anneke Marie Huhn ist der Umgang mit Grenzen in mehrfacher Form, beim künstlerischen Material wie in der gesellschaftlichen Struktur. Welche Grenzen setzt beispielsweise der Markt bei der Produktion von Textilien? Mit welchen Maßnahmen wird agiert oder reagiert, was bedeutet dies für die betroffenen Menschen? Huhn recherchierte und beschäftigte sich mit der Arbeit von Frauen und Mädchen in der Textilindustrie. In der Performance und dem dabei entstehenden Werk stellen die beiden Pfosten physische Grenzen dar. Wie schon erwähnt, war zu beobachten, wie sich Tag für Tag, mit jedem Anwachsen der Garnlinien, die am Boden fest verschraubten Stangen zueinander bogen. Das dünne Garn entfaltete in der Bündelung eine ungeahnte Kraft – harte Kanten mussten sich weichen Strukturen wortwörtlich beugen. Für die Künstlerin ist es ein Symbol der Hoffnung, eine Metapher für die Kraft des scheinbar Schwachen. Die mühevolle Arbeit hat Wirkung gezeigt.

    Text: Jochen Meister

    Die Künstlerin

    Künstlerin Anneke Marie Huhn
    Anneke Marie Huhn
    1985

    Geboren in Gräfelfing

    Lebt und arbeitet in München und der Schweiz als Künstlerin, Consultant & Unternehmerin

    2016 – 2021

    Studium Freie Kunst bei den Professoren Olaf Metzel,
    Julius von Bismarck und Gerry Bibby an der Akademie der Bildenden Künste München

    2007 – 2011

    Studium Humanmedizin an der Technischen Universität Dresden und der Universität Witten/Herdecke

    AUSSTELLUNGEN (Auswahl)

    2019

    »EXIST«, Galerie der Künstler des BBK München und
    Oberbayern
    »München go to paradise«, Kunstarkaden, München
    »SALE«, Klasse Olaf Metzel, Akademie der Bildenden
    Künste München

    2020

    T_156, Galerie T_156, München

    2021

    »Various Others – Trauma«, Kunstraum München
    »ELEFANTEN,« Theatiner Kino München
    Jahresausstellung des Kunstvereins München, Inning am Ammersee

    Instagram: @annekemariehuhn