Kunstkalender 2021 – Kalenderblatt Oktober
Der Titel des großformatigen Gemäldes zitiert zugleich eine Dichtung aus der Heimat von Niloufar Shirani, dem heutigen Iran. Der Mystiker Fariduddin Attar schuf sie Anfang des 13. Jahrhunderts und sie wurde zu einem der bedeutendsten Werke persischer Literatur. Die Vögel suchen ihren König und am Ende erkennen die Wenigen, die dieses Unternehmen überleben, dass sie selbst der König sind. Shirani platziert die literarische Anregung in eine Malerei, die wiederum ihre Wurzeln in der europäischen Kunstgeschichte hat. Es entsteht eine Art west-östlicher Diwan, der allerdings Medien übergreifend angelegt ist. Die Andeutung eines Vorhangs links, das tempelartige kleine Gebäude am Horizont, überhaupt die Anordnung der exotischen Vögel erinnert an barocke Inszenierungen, aber auch Werke des Surrealismus des 20. Jahrhunderts. Shirani eignet sich die Stilmittel an, verbindet sie und aktualisiert sie mit zeitgenössischen Requisiten wie einem Rollwagen, der an ein Krankenhausutensil erinnert. Und immer wieder übernimmt die Malerei selbst das Kommando, verwischt Ränder, schafft weiche Übergänge, verbindet Raum, Figur und Objekt durch großzügig variierende Flächen. So wird aus der malerischen Tradition Gegenwart, die Kulturen verbindet.
Text: Jochen Meister