Kunstkalender 2021 – Kalenderblatt September
Die großflächige Malerei war der Ausgangspunkt der Arbeit. Es handelt sich um eine Aktzeichnung, die sich durch Übermalungen immer mehr in Abstraktion verwandelte. Schnell und emotional, mit unterschiedlichen Mitteln, beispielsweise schwarzer Tusche, entstand das Gemälde. Linien flossen von oben herab und verdichteten sich.
An einer Rolle befestigt und an der Wand aufgehängt, war das Bild ein Teil der Installation. Vor ihm stand ein Tischgestell aus dünnen Metallstäben. Anstelle einer Platte spannten sich die dunklen Schnüre darüber, die das Keramikobjekt trugen. Wir können uns einbilden, dass es auf dem Tisch lag, wobei seine weiche verlaufende Form die imaginäre Tischplatte gleichzeitig durchdrang.
Dazu inszenierte Tomoe Hikita eine Sitzfigur, die aus einem drapierten Tuch auf einem Stuhl bestand. Am Boden befanden sich weitere kegelförmige, bemalte Keramiken. Tomoe Hikita fand in der Keramik die Möglichkeit, ihre malerische Methode der Bildentwicklung zu erweitern. So erhält das Objekt, das wir auch auf unserer Kalenderabbildung fokussieren, eine besondere Bedeutung.
Hikita kombinierte darin Materialien, wie etwa die dunklen Scheibchen, die aus Bronze bestehen und vor dem Brennen in die weiche Masse gedrückt wurden. Die farbige Glasur lässt ähnliche Farbverläufe zu, wie sie auch auf der Papierarbeit entstanden, durch das kleine Format jedoch erscheinen diese wie in einem plastischen Konzentrat. Durch die Installation auf einem angedeuteten Tisch zwischen sitzender Figur und Gemälde nimmt die Keramik eine Schlüsselposition ein. Denken wir an die Situation, für welche die Installation geschaffen wurde. In der Klassenbesprechung diskutiert man über Werke der Studierenden, kritisiert sich gegenseitig, vertritt seine Position. Der (hier für uns unsichtbare) Tisch ist ein Sinnbild für diese Verhandlungen. Er steht für Kommunikation, aber auch für Präsentation von etwas Materiellem. Das zerbrechliche Objekt, nur durch zwei Linien gehalten, ist am Ende objektbasierte Malerei, die sich vor dem großen Gemälde der Kritik stellt.
Text: Jochen Meister