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Kunstkalender 2021 – Kalenderblatt April

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2021

Technische Daten

  • Nata Togliatti
  • Cave Painting Series (Feinste Nussvariation)
  • 2020
  • Größe (H x B x L): 251 cm x 175 cm
  • Tempera und Öl auf Pappe

Cave Painting Series (Feinste Nussvariation)

Als die ersten Malereien in Höhlen entstanden, war das Motiv häufig die Jagd. Die Darstellungen drehten sich ums Beute machen. Was auch immer an magischen oder mystischen Beziehungen zu diesen Gemälden bestand, es handelte sich dabei allerdings durchaus um Motive aus dem »echten Leben«, müssen wir annehmen. Wenn eine junge Künstlerin eine Bilderserie als »Cave Painting« betitelt, stellt sich wiederum die Frage, in welcher Beziehung diese zeitgenössischen Bilder zur Höhlenmalerei stehen.
Das Motiv auf den geometrisch ausgestanzten Pappformen, auf die gemalt wurde, stellt höchstens in übertragenem Sinne Beute dar. Die sechs Pappdeckel jedoch geben einen Hinweis, wenn man erkennt, dass es sich um die aufgefalteten Umverpackungen aus einem Supermarkt handelt. Der Untertitel »feinste Nussvariationen« verrät sogar das Produkt, das sich in dieser Verpackung befand. Das sollte genügen für ein Gedankenspiel.

Heutzutage findet die Jagd nicht auf Mammuts, sondern Schnäppchen statt. Die Spur ist gelegt. Eigentlich würde das billige Material, auf das Nata Togliatti malte, ins Altpapier wandern. Mit der Umwandlung in ein Kunstwerk wird ihm plötzlich Dauer verliehen. Wir werden angeregt, unsere Schlüsse am ästhetischen Objekt zu ziehen und können diese immer wieder prüfen. Dies ist ein Stichwort für das Motiv. Die Malerin musste durch einen kuriosen Umstand ihre Arbeit auf sechs Teile beschränken, weil der Hersteller die Form des Kartons änderte.
Nata Togliatti lässt die Kontur des Kartons rotieren, wobei die Malerei immer gleich ausgerichtet bleibt. Bei den »Nussvariationen« kam es zu drei Umdrehungen, die allerdings doppelt ausgeführt wurden. Die ausgestanzte Form dreht sich um eine Art Füllhorn mit Blattwerk, das sehr unterschiedlich ausgeführt ist. Dennoch handelt es sich um die gleiche dekorative Vorlage.
Nata Togliatti hat zu diesem Dekor eine persönliche Beziehung. Es handelt sich um den Ausschnitt aus einem Tapetenmuster. Die mit dem opulenten neobarocken Motiv ausgestattete Tapete befand sich in der elterlichen Wohnung in Russland. Familienfotos erinnern an diese Wohnung, die sich nicht mehr im Besitz der Familie befindet. Eine emotionale Beziehung führt über die Höhle zur Wohnung, die im bürgerlichen Verständnis der geschützte Raum ist, in den sich seine Bewohner zurückziehen können. Die banale, minderwertige Verpackung verwandelt sich durch die Malerei in einen dauerhaften Erinnerungsträger, der kulturgeschichtlich einen weiten Bogen in die Vorgeschichte schlägt.

Text: Jochen Meister

Die Künstlerin

Nata Togliatti
Nata Togliatti
1989

Geboren in Togliatti (Russland)
lebt und studiert in München

2011-2014

Kunststudium mit Schwerpunkt Grafik am Institut für Kunst und Kulturgeschichte an der Technischen Universität Dortmund bei Professorin Bettina van Haaren

2014-2016

Kunststudium mit Schwerpunkt Malerei am Institut für Kunst und Kulturgeschichte an der Technischen Universität Dortmund bei Professor Jan Kolata

Seit 2017

Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Professor Gregor Hildebrandt

Ausstellungen (Auswahl)

2016

ein Blick, Artcorner, Köln

2018

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, Rewe Premium in den Fünf Höfen, München
Wir schwimmen alle im Gleichen Wasser, Pasinger Fabrik, München (Gruppenausstellungen)

2020

Zimmer Frei, Kunstprojekt der Stadt München, Hotel Mariandl (Gruppenausstellungen)

instagram.com/natatogliatti