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Kunstkalender 2018 – Kalenderblatt Mai

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2018

Technische Daten

  • Pengfei Lin
  • Zuschauen
  • 2017
  • 47 cm x 37 cm x 10 cm
  • Öl auf Schublade und Fotografie

 

Zuschauen

Einen eher ungewöhnlichen Bildträger hat Pengfei Lin gewählt, um darauf zu malen. Es handelt sich um den Boden einer Schreibtischschublade. Noch ungewöhnlicher ist jedoch, dass die Malerei nur Teil einer komplexen künstlerischen Arbeit ist, die sich auf unterschiedlichen Ebenen abspielt und sie mit den Medien Fotografie und Objekt verknüpft. So erklärt sich unsere Abbildung: Der junge chinesische Künstler präsentierte auf der Münchner Jahresausstellung sowohl zwei gemeinsam gerahmte Fotografien als auch die Schublade mit einem doppelseitig bemalten Boden. Auf der Innenseite als auch auf der Außenseite hat Pengfei Lin jeweils eine der beiden ausgestellten Fotografien abgemalt. Die Innenseite zeigt dabei das Motiv des unteren der beiden Fotos. Die Außen- bzw. Unterseite ist akkurat dem oberen Foto nachempfunden. Das Entscheidende ist nun, dass bei beiden nicht die gemalten Bilder abfotografiert wurden, sondern umgekehrt die Fotografien Vorlagen für die Malerei waren. Ausgangspunkt der Arbeit ist das obere Foto des Schreibtischs mit der entfernten mittleren Schublade.

 

Um es in einen Ablauf zu fassen: Pengfei Lin fotografierte den heimischen Schreibtisch (das Detail der Steckdosen an der Wand links verrät, dass die Aufnahme in China entstanden ist), aus dem er zuvor die Schublade gezogen hatte. Er nahm Foto und Schublade mit nach München, malte das Motiv auf deren Boden, hängte sie mit dem Gemälde an eine weiße Wand und fotografierte sich selbst beim Betrachten seines Werkes. Dieser Akt des Zuschauens, der zugleich eine Art Selbstbildnis ist, steht an zentraler Stelle und gibt der Arbeit ihren Titel. Daraufhin löste Pengfei Lin das Bodenbrett, wendete es und bemalte es auch auf dieser Seite. Als Vorlage diente nun das Selbstbildnis als Zuschauer. Schließlich existiert als (nicht ausgestellter) Teil noch ein drittes Foto. Es entstand wiederum in China und weist darauf hin, dass es sich bei "ZUSCHAUEN" nicht nur um ein gewitztes Spiel der Medien handelt. In das leere Schubfach hatte der Künstler eine schwarze Lade geschoben. Der Schreibtisch mit der schwarzen Schublade wird zur Metapher. Das Konzept, das der Malerei den Charakter eines "Nachdenkens mit dem Pinsel" zuweist, zielt auf Sichtbares wie Unsichtbares zugleich. Niemand kann beide Malereien gleichzeitig sehen, nur die Fotografien. "ZUSCHAUEN" handelt vom Zeigen und Verbergen; und die (nicht gezeigte) schwarze Schublade ist ein Hinweis auf eine zugleich moralische Dimension. Sie stimmt (nicht nur) für ein Land wie Lins Heimat, das sich öffentlich mit Antikorruptionskampagnen schmückt, nachdenklich.

Text: Jochen Meister

Der Künstler

Pengfei Lin
Pengfei Lin
1991

Geboren in Fuzhou, China, lebt und studiert in München

2009-2013

Studium im Bereich Multimedia und Materialien an der Xiamen University, Xiamen, China

seit 2015

Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Professorin Pia Fries

Ausstellungen:


2010

What is it that makes today's families so gelivable, Minian Art Space, Xiamen, China (Gruppenausstellung)

2011

Schatten, CEAC Chinese European Art Center, Xiamen, China (Gruppenausstellung)

2012

Aufstehen, Shiguang Buchhandlung, Xiamen, China

2012

Ohne Titel, Kulturmesse, Xiamen, China

2016

9373,87, Gallery Arai Associates, Tokio, Japan (Gruppenausstellung)