Kunstkalender 2018 – Kalenderblatt April
Diese Fotos wurden digitalisiert. Sie sind in der Arbeit auch komplett zu sehen, und zwar als Teil jener beiden Bilderketten, die sich auf schwarzen Quadraten in zwei Schleifen oben und unten durch das Werk ziehen. Kai Oh hat die analogen Fotografien schrittweise immer weiter vergrößert, das runde Sichtfeld im schwarzen Rechteck entspricht dem Blick durch ein Mikroskop. Das Foto ist zunächst ein winziger Fleck, dann wird es immer größer, beide Male im Uhrzeigersinn. Jeweils ungefähr in der Mitte sind oben, unterhalb des linken Auges, der Mann und unten, über dem hellen Band, die Katze im kompletten Foto zu erkennen. Das weiße Band entpuppt sich als Griff einer Plastiktüte, durch welche das Tier geschlüpft ist. Harmlose Fotos also, ohne tiefere Bedeutung. In der weiteren Sequenz werden diese nun immer stärker vergrößert, bis sie sich in die bunten Pixel auflösen, deren Raster und Farben die Scheiben füllen. Dabei fokussiert sich Kai Oh auf die Augen, den Blick von Mensch und Tier, der auch außerhalb der beiden Sequenzen wiederholt wird, etwa in den beiden parallelen diagonalen Anordnungen, die von den Köpfen ausgehen und Auge beziehungsweise Iris heranzoomen. Die Regenbogenfarben schließlich, welche technisch im RGB-Spektrum (Red, Green, Blue) reproduzierbar sind, finden sich in beiden Fotos, trotz der verschiedenen Lebensformen.
Text: Jochen Meister