Kurz vor acht Uhr morgens in Geretsried. Lidia Zoumis schließt die Tür für die Filialkundinnen und -kunden auf, verteilt ihr Team auf die verschiedenen Stationen – Waschen, Trocknen, Mangeln, Bügeln – und packt selbst bei der Schmutzwäsche mit an. Auf den ersten Blick sieht alles aus wie in einer normalen Reinigung. Dabei handelt es sich bei Zer-O-Wash um eine Wäscherei, die klimaneutral wäscht. Das funktioniert dank innovativer Waschmaschinen und der von BASF entwickelten und patentierten Polymer-Mikroperlen, die den Schmutz aus der Wäsche massieren und ihn absorbieren. Die Waschmittel mit EcoLabel sind außerdem zu 100 Prozent ökologisch abbaubar. Strom und Gas, die für den Waschprozess genutzt werden, kommen aus regenerativen Quellen. Die Folie, in der die frisch gereinigte Wäsche ausgeliefert wird, besteht aus Kartoffelstärke, ist biologisch abbaubar und kann sogar im Biomüll entsorgt werden. Ausgeliefert wird die Wäsche mit zwei Elektroautos, die mit Solarstrom aufgeladen werden. Der ganze Prozess funktioniert ohne den Ausstoß von CO2 – so etwas gab es bislang in Deutschland noch nicht.
Lidia Zoumis stößt während der Corona-Pandemie im Internet auf die innovativen Waschmaschinen, die weniger verbrauchen als herkömmliche Modelle: über 70 Prozent weniger Wasser, 50 Prozent weniger Energie und 50 Prozent weniger Waschmittel. Die Wirtschaftsingenieurin und Mutter dreier Söhne findet heraus, dass diese ressourcensparende Technologie in Deutschland noch nicht genutzt wird, und fragt sich: Warum nicht? Aufgrund der Pandemie erleben Lieferservices ein Hoch. Eine Wäscherei, die einen solchen Service anbietet und gleichzeitig klimaneutral ist, findet Zoumis allerdings nicht. „Ich wollte unter Beweis stellen, dass auch Wäschereien nachhaltig sein können“, erinnert sie sich.
Also recherchiert sie weiter. Sie sammelt Informationen über die Mikroperlen, die ein Jahr lang genutzt und dann recycelt werden, und informiert sich über die Digitalisierung der Bestell- und Lieferprozesse sowie über den Bedarf in ihrer Region und ihre potenziellen Zielkunden. Sie steckt sechs Monate in die Entwicklung eines Businessplans, um zunächst selbst zu prüfen, ob die Geschäftsidee tragfähig ist. Zusammen mit einem Gründungscoach kommt sie zu dem Schluss: Ja, ist sie. Ihre Hausbank, die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, stellt die Finanzierungsbausteine zusammen und bringt die LfA Förderbank Bayern ins Spiel. Zoumis kündigt ihren Job und startet mit dem Startkredit und Universalkredit in die Selbstständigkeit. Nach der kräftezehrenden Suche nach einer passenden Immobilie kann sie endlich in eine Bestandswäscherei einziehen.
Für die speziellen Waschmaschinen gibt es keine Händler in Deutschland. Der Vertrieb ist generell sehr schwach ausgeprägt, weil die Hersteller Probleme haben, im konservativ geprägten Markt Fuß zu fassen. Zoumis findet trotzdem einen Vertriebskanal und lässt zwei Maschinen nach Bayern bringen. Es sind die beiden ersten im ganzen Land.
Am 8. Oktober 2021 öffnet Zer-O-Wash zum ersten Mal die Türen. Heute nimmt die Wäscherei Bestellungen auch via App entgegen und beliefert sowohl Privat- als auch Gewerbekunden. Das nachhaltige Konzept kommt gut an. Zoumis kann sich gut vorstellen, ihr Geschäft irgendwann auch in anderen Regionen Deutschlands anzubieten. Gleichzeitig denkt sie den Klimaschutz permanent weiter: Sie möchte spezielle Filter kaufen, die während des Waschvorgangs Mikroplastik herausfiltern. Wieder wären es die ersten in Deutschland – ein weiteres Pilotprojekt im Sinne der Nachhaltigkeit.