Café Glücksmomente im Unterfränkischen Strahlungen
Menschen

Zwei im Café-Glück

Ein leerstehendes Gebäude im Unterfränkischen Strahlungen, eine Gemeinde, die sich nach einer Belebung des Ortes sehnt, zwei Frauen, die anpacken: Das ist das Erfolgsrezept des Café Glücksmomente
TEXT Lena Kaeß

Mit müden Augen schieben Jenny Back und Nadine Wehner-Hach um vier Uhr morgens Brötchen in den Ofen. Sie sind vermutlich die Ersten im Ort, die bereits auf den Beinen sind. Bis 5.30 Uhr müssen die Backwaren in der Theke liegen, dann öffnen sich die Türen ihres Café Glücksmomente. Die ersten Kundinnen und Kunden, auf dem Weg zur Frühschicht, warten schon.

Sich mit einem Gastronomiebetrieb selbstständig zu machen, war nie Plan der beiden Frauen. Begonnen hat alles mit der Bewerbung des 933-Seelen-Dorfes Strahlungen für das „Gütesiegel Heimatdorf 2019“, eine deutschlandweite Auszeichnung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Gemeinden mit besonders hoher Lebensqualität erhalten eine Prämie in Höhe von 60.000 Euro. Die Idee von Strahlungen in Unterfranken überzeugt: Das Dorfgemeinschaftshaus soll in ein Café inklusive einer neuen Backwarenverkaufsstelle umgebaut werden – einen Bäcker gibt es nämlich nicht mehr im Ort. Das Konzept steht, doch wer die Leitung übernimmt, ist noch unklar.

Das Bild zeigt die Betreiberinnen des Cafès Nadine Wehner-Hach (links) und Jenny Back (rechts)

Nadine Wehner-Hach (links) und Jenny Back (rechts)

Nadine Wehner-Hach und Jenny Back kennen sich über ihre Ehemänner, auch ihre Kinder sind im selben Alter – beste Voraussetzungen für eine gute Freundschaft. Beide sind engagierte Gemeindemitglieder, gemeinsam haben sie bereits die Dorfweihnachtsfeiern sowie das Ferienprogramm organisiert. Auf der Suche nach geeigneten Kandidaten für die Umsetzung des Cafés tritt Johannes Hümpfner, der jetzige Bürgermeister, daher an die beiden Freundinnen heran. Sie lassen ihn zunächst vier Monate warten, denn die Entscheidung ist keine leichte: Weder die gelernte Zahnarzthelferin Jenny Back noch die Augenoptikerin Nadine Wehner-Hach haben berufliche Berührungspunkte mit der Gastronomie. „Als Johannes Hümpfner auf uns zukam, war mein erster Gedanke: Oje, wir haben doch gar keine Ahnung davon, wie man ein Café führt“, gesteht Back. Auch Wehner-Hach ist zunächst unsicher. Schlussendlich aber können beide dieser Chance nicht widerstehen.

Lange wurde das Dorfgemeinschaftshaus als Unterstand verwendet, wenn es bei Festen wie der Maibaumaufstellung geregnet hat. Um dort nun ein Café zu eröffnen, „musste von der Bodenplatte bis zu den Wänden alles neu gemacht werden“, erzählt Wehner-Hach. Neben dem Café im Erdgeschoss wurde zudem das Dachgeschoss als Bed & Breakfast für Fahrrad- und Wandertouristen ausgebaut.

Dadurch, dass das Konzept bereits stand und die Gemeinde den Umbau des Gebäudes eingeleitet hatte, war einiges an Vorarbeit bereits geleistet – zu tun gab es trotzdem genug. Besonders zeitintensiv: die Bürokratie. „Die Anträge für Genehmigungen und Lizenzen verursachen viel Papierkram. Teilweise dachte ich, das hört nie auf“, erinnert sich Back.

Das Bild zeigt ein Zimmer des angeschlossenen Bed & Breakfast

Das Dachgeschoss bietet ein Bed & Breakfast für Fahrrad- und Wandertouristen

Die größte Herausforderung war es allerdings, einen erheblichen Geldbetrag aufzunehmen. Zumal die Kosten am Ende doppelt so hoch waren wie ursprünglich geplant. Von der LfA erhielten die neuen Café-Betreiberinnen je einen Startkredit. Die Sorge, ob sie den Betrag jemals tilgen können, bereitete ihnen anfangs Kopfzerbrechen. Aus heutiger Sicht eine unbegründete Angst – die Zahlen stimmen, das Unternehmen steht gut da und findet sehr regen Zuspruch bei Jung und Alt. Das Café Glücksmomente ist für Back und Wehner-Hach zum Lebensmittelpunkt geworden, fast wie ein zweites Wohnzimmer. Die Kinder machen hier ihre Hausaufgaben, die Männer schauen nach der Arbeit vorbei. „Eigentlich ist man jeden Tag hier – auf jeden Fall immer mit dem Kopf“, gesteht Back. Umso erstaunlicher, dass die zwei immer noch Zeit finden, ihr Regionalregal mit selbst gemachten Marmeladen und Likören zu füllen oder ihr Sortiment durch einen selbst gebackenen Kuchen zu erweitern.

Eigentlich ist man jeden Tag hier – auf jeden Fall immer mit dem Kopf
Jenny Back, Co-Betreiberin des Café Glücksmomente

„Eigentlich ist man jeden Tag hier – auf jeden Fall immer mit dem Kopf“, gesteht Back. Umso erstaunlicher, dass die zwei immer noch Zeit finden, ihr Regionalregal mit selbst gemachten Marmeladen und Likören zu füllen oder ihr Sortiment durch einen selbst gebackenen Kuchen zu erweitern. Besonders stolz sind sie auf ihre Teamarbeit. Alle Entscheidungen werden gemeinsam getragen, niemand fühlt sich alleingelassen. „Ich finde es wichtig, jemanden zu haben, den man um Rat fragen kann. Zusammen geht es einfach immer leichter“, erklärt Back.

Das hat sich auch bei der Eröffnung im Oktober 2021 gezeigt. Familie und Freunde haben bis in die frühen Morgenstunden geholfen, das Café und die Gästezimmer für die große Feier vorzubereiten.Heute ist das Café Glücksmomente aus Strahlungen nicht mehr wegzudenken. Wenn es nach den beiden Frauen ginge, könnte es bis ins hohe Alter genauso weitergehen.

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