Bild des Hauptmenüs der ALEA-Lösung
Projekte

Auf der Überholspur

Die Bayerische Polizei führt eine zentrale Bedieneinheit für ihre Einsatzfahrzeuge ein. Ein motiviertes Entwickler-Duo aus der Hallertau setzt das Digitalisierungsvorhaben in die Wirklichkeit um
TEXT Marlene Irausek

Polizistinnen und Polizisten in Bayern und Sachsen bekommen digitale Unterstützung: Die Assistentin Leitstelle & Einsatz Automotive, kurz ALEA, ist der neue Bordcomputer des allgemeinen Streifendienstes. Das Besondere: Das System verknüpft Sonderfunktionen wie Funk, Blaulicht, Martinshorn und die Navigation auf dem vorhandenen Autodisplay. Die Streife bekommt alle wichtigen Informationen für ihren Einsatz über den Bildschirm, mithilfe einer Art Einsatz-SMS. Die Koordinaten sind in der Nachricht enthalten und werden automatisch übernommen. Mit einem Klick lässt sich die Navigation starten, die bei Blaulicht den schnellsten Weg zum Einsatzort anzeigt – und den Streifenwagen, wenn nötig, sogar gegen die Einbahnstraße navigiert.

ALEA ist die Idee von Andreas Waltl und Robert Jung. Im Rahmen einer Ausschreibung des Bayerischen Innenministeriums brachten die IT-Spezialisten die nötige Hardware und eine auf die Polizei abgestimmte Anwendung auf den Weg. Das Steuergerät ihrer Firma GERMANTRONIC lässt sich zwischen Bordrechner und Display in verschiedene Fahrzeugtypen einbauen. „Wir können so neben dem Seriensystem jede beliebige Android-App im Auto darstellen. Das wird vielleicht auch für andere Bereiche interessant, bei denen man viel im Auto unterwegs ist, zum Beispiel im Außendienst“, erklärt Jung. Da für Anzeige und Steuerung das vorhandene Fahrzeugdisplay genutzt wird, sind keine zusätzlichen Aufbauten im Fahrzeug nötig, die Platz wegnehmen oder mit dem Airbag konkurrieren.

Wir sitzen alle an verschiedenen Orten und besprechen uns größtenteils online

Auch Datenschutz wird großgeschrieben: „Die Polizei will natürlich nicht, dass ihre Daten irgendwo hingehen, wo man sie nicht kontrollieren kann. Deshalb funktioniert unser System komplett ohne Cloud-Lösung. Es läuft alles lokal auf dem Rechner im Fahrzeug.“ Bisher wurde so ein Einsatzmanagement-System nicht unabhängig vom Fahrzeug ausgeschrieben. Jung ergänzt: „Diese explizite Anfrage für ein separates Produkt, das dann verbaut wird, war neu. Meistens sind nur die Einsatzfahrzeuge ausgeschrieben und wir dadurch auf eine Kooperation mit einem Autohersteller angewiesen.“ Für Waltl und Jung eine Chance, die sie sich nicht entgehen ließen. Zu der Zeit arbeiteten beide bei der Firma Germaneers. Für das Projekt gründeten sie im Zuge der Teilnahme an der Ausschreibung die GERMANTRONIC aus.

Sitz ihres Start-ups ist keine große Metropole, sondern Geisenfeld im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen. Ein großes Firmengebäude, in dem sich das Team jeden Tag trifft, gibt es dort aber nicht: „Wir sitzen alle an verschiedenen Orten und besprechen uns größtenteils online. Nur wenn es wirklich notwendig ist, treffen wir uns“, so Jung. „Wir haben zwar während der Pandemie gegründet, aber eigentlich schon vorher so gearbeitet. Das kam uns dann zugute, weil wir von vornherein für Remote Working ausgestattet waren.“

Spezialisiert ist ihr Unternehmen auf die Entwicklung von Soft- und Hardware für Sonderfahrzeuge, darunter Polizei, Feuerwehr und Rettung. „Anfangs musst du natürlich investieren, Geld fließt ja erst später. Und wenn es um Finanzierung in Bayern geht, führt der Weg schnell zur LfA“, so Waltl. Er und Jung beantragten den Innovationskredit 4.0 und konnten ohne Probleme alle Förderkriterien erfüllen. Für die Ausschreibung des Ministeriums bauten sie zwei Fahrzeuge auf, die dann zehn Wochen im Echtbetrieb liefen – 24 Stunden durchgehend, um zu sehen, ob das System auch in der Praxis seinen Zweck erfüllt. ALEA überzeugte und GERMANTRONIC bekam den Zuschlag.

Wenn es um Finanzierung in Bayern geht, führt der Weg schnell zur LfA

Aktuell besteht das Team aus sieben internen Mitarbeitern, das gesamte Projekt unterstützen insgesamt aber rund 20 Kollegen. „Wir haben mit Germaneers einen starken Partner und, wenn nötig, Experten aus den verschiedensten Bereichen an unserer Seite“, schätzen sich die beiden Geschäftsführer glücklich. Bis 2025 sollen vertraglich bis zu maximal 4.500 Autos mit dem Bordcomputer ausgestattet sein. Dem Digitalisierungsplan der Bayerischen Polizei hat sich auch die Polizei in Sachsen angeschlossen. Durch einen Kooperationsvertrag sind beide bei GERMANTRONIC bezugsberechtigt. Die Corona- und Halbleiterkrise hat das junge Unternehmen natürlich auch vor unerwartete Herausforderungen gestellt, insbesondere der Mangel an Automotive-Mikrochips. „Mittlerweile konnten wir die erste Charge ausliefern und sind stolz darauf, unseren Teil zu einer verbesserten Einsatzunterstützung der Polizei beitragen zu dürfen“, freuen sich die beiden Entwickler. Das tun sie übrigens auch über das Interesse anderer Bundesländer und weitere Anfragen aus Österreich, der Schweiz und Dänemark.

Alles auf einen Blick

ALEA bündelt die Komponenten eines modernen Funkstreifenwagens in einer zentralen Bedieneinheit und verbindet das Einsatzfahrzeug mit der Leitstelle:

Das Bild zeigt das Hauptmenü und das Tastenfeld der ALEA-Lösung

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