VoltStorage Speichersystem
Unternehmen

Die Revolution der Batterie

Mit zwei lithiumfreien Speichersystemen für Strom sorgt das Münchner Start-up-Unternehmen VoltStorage weltweit für Aufsehen. Erstmals kann damit erneuerbare Energie in großen Kapazitäten nachhaltig gespeichert werden
TEXT Martin Fraas

Es ist ein echtes Dilemma. Da wird blitzsauberer Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft und Photovoltaik gewonnen. Aber um naturgegebene Versorgungslücken in wind- und sonnenarmen Zeiten zu überbrücken, kann man den Strom kurzzeitig nur mittels Lithiumbatterien speichern. Lithium, ein chemisches Element, das alles andere als nachhaltig ist. Als „notwendiges Übel“ hat es trotzdem eine große Karriere gemacht.

Jakob Bitner, CEO und Mitgründer von VoltStorage

Sein Unternehmen ist auf Erfolgskurs:

Jakob Bitner, CEO und Mitgründer von VoltStorage

Doch was nun folgt und Lithium in vielen Bereichen überflüssig machen könnte, ist eine Erfolgsgeschichte, wie man sie eher aus der San Francisco Bay in den USA kennt. 2016 gründeten die Studienkollegen Jakob Bitner, Michael Peither und Felix Kiefl frisch von der Uni weg in München das Unternehmen VoltStorage. Ihr Ziel war es, grüne Energie auch grün zu speichern. Ein höchst nachhaltiges Anliegen, auf das besonders auch viele Betreiber von Windkraft- und Solarparks sehnlichst warten.

Machen wir also einen Ausflug dahin, wo alles begann, nach München-Sendling. Ein lebhaftes Viertel, geprägt von größeren Wohnblöcken, Werkstätten, kleinen Läden und Durchgangsstraßen. In einem Gewerbehof in der Gmunder Straße bietet die Stadt München kleinen und mittelständischen Betrieben die Möglichkeit eines attraktiven Standorts. „Die Mieten sind sehr fair“, sagt Jakob Bitner, CEO von VoltStorage, „das hat uns am Anfang sehr geholfen.” Der 35-Jährige trägt Chinos, ein Mao-Hemd und dazu weiße Sneakers, die aktuellen Insignien junger Start-up-Chefs.

50 Mitarbeiter aus 18 Nationen arbeiten in dem 550 Quadratmeter großen Büro und in den Produktions- und Entwicklungsräumen, die eine Straße weiter angesiedelt sind. Die Unternehmenssprache ist Englisch. „Der Standort München hat auch den Vorteil, dass man genau die Top-Leute bekommt, die für ein Unternehmen wie unseres unverzichtbar sind“, sagt Jakob Bitner. „Die Stadt ist international bekannt und beliebt. Es ist also alles andere als schwer, Leute hierherzulocken.“ Er selbst ist in Bayreuth aufgewachsen, studierte BWL in England und München, wo er hängen blieb.

„Next Generation Batteries“, so werden bei VoltStorage die beiden lithiumfreien Redox-Flow-Speichersysteme genannt, auf die sich das junge Unternehmen fokussiert hat. Ein Batterietyp basiert auf Vanadium, der andere auf Eisen. Beides klimaschonende Rohstoffe mit einer beinahe unbegrenzten Verfügbarkeit.

Die Vanadium-Redox-Flow-Technologie wurde bereits in den 1970er-Jahren von der Nasa entwickelt. VoltStorage hat diese Speichertechnik auf ein neues Level gehoben und perfektioniert. Für alle, die den Chemieunterricht gerne mal geschwänzt haben: Das chemische Element Vanadium, das sogar wir Menschen in unseren Zellkernen haben, wird zur industriellen Verwendung aus verschiedenen Eisenerzen gewonnen. Das Speichermedium der Vanadium-Redox-Flow-Batterie ist flüssiger Elektrolyt, der auf Vanadium basiert. Die herausragenden Qualitäten der Batterie sind ihre Betriebssicherheit und Langlebigkeit. Zudem sind alle Inhaltsstoffe vollständig recycelbar. Als Anwender für die auf der Vanadium-Redox-Flow-Speichertechnologie basierende „Commercial Battery“ möchte VoltStorage Unternehmen aus der Landwirtschaft, dem verarbeitenden Gewerbe oder etwa Hotels und die Gastronomie gewinnen. Mit selbst erzeugtem Strom, zum Beispiel durch Solarkraft, können diese Unternehmen in Kombination mit der Speicherlösung in Zukunft autarker bei der Energieversorgung werden.

Den zweiten Batterietypus, mit dem VoltStorage künftig den Weltmarkt erobern möchte, präsentiert uns Jakob Bitner in den 750 Quadratmeter großen Produktionshallen. Wobei „Produktion“ ein sehr nüchternes Wort für das ist, was wir hier zu sehen bekommen. Das Ganze ähnelt ein bisschen dem Labor von „Q“ in „James Bond“-Filmen. Mitarbeiter mit Schutzbrillen schütten aus Reagenzgläsern Gemische zusammen, an blinkenden Messständen sind Geräte mit einem Gewirr aus Dutzenden von Kabeln verbunden und überall lagern Minizellen sowie Prototypen in diversen Entwicklungsstufen.

Mitarbeitende von VoltStorage

Im Forschungslabor von VoltStorage in München-Sendling

werden auch Kleinzellen entwickelt und getestet. Die Mitarbeiter des Unternehmens kommen aus 18 verschiedenen Ländern

„Eisen-Batterie“, so feierte die Presse die Erfindung, die hier gerade noch den Feinschliff am Zelldesign für den Realbetrieb bekommt. Für 2024 sind erste Pilotprojekte mit Großkunden geplant. „Iron-Salt-Technologie“ heißt das Speichermedium mit vollem Namen. Es arbeitet ebenfalls in zwei separaten Kreisläufen mit Elektrolytflüssigkeit. Hier basiert diese auf Eisenchlorid, einem äußerst günstigen und natürlichen Rohstoff, der biologisch abbaubar ist.

Mitarbeiter von VoltStorage im Forschungslabor

Der Markt wartet mit hoher Dringlichkeit auf die lithiumfreien Energiespeicher des jungen Unternehmens

Große Chancen auf dem Weltmarkt sieht Jakob Bitner für die Iron Salt Battery auch deshalb, weil die Technologie sich für die Langzeitspeicherung eignet. Was insbesondere für die Betreiber von Solar- und Windparks interessant ist. Denn sie können mit diesen Speichersystemen Versorgungslücken in wind- und sonnenarmen Zeiten überbrücken und die Grundlast sichern.

Zudem sind Iron-Salt-Batterien besonders temperaturresistent. Das heißt, sie sind ideal für den Einsatz in heißen Klimazonen. Insbesondere auch für die dezentrale Energiegewinnung in Wüstengegenden, bei der vor wenigen Monaten durch ein elektrostatisches Verfahren das Problem der Versandung der Moduloberflächen gelöst wurde. Zudem können Module der Batterie bis in den Megawattstunden-Bereich miteinander verbunden werden. „Bei unseren beiden Technologien steht auch ganz klar die Kapazität im Vordergrund“, erklärt Jakob Bitner.

Für 2023 sind erste Pilotprojekte mit Grosskunden geplant

Und es gibt eine weitere Gemeinsamkeit: Bei beiden Systemen können Leistung und Kapazität unabhängig voneinander und je nach Bedarf angepasst werden. Das führt zu deutlich niedrigeren Betriebskosten pro Kilowattstunde als bei herkömmlichen Speichersystemen. Bei der Iron Salt Battery sind es derzeit circa 50 Euro pro kWh.

Das große Potenzial von VoltStorage hat auch die LfA Förderbank Bayern frühzeitig erkannt. Bereits 2020 tätigte sie über ihre Tochtergesellschaft Bayern Kapital bei dem Münchner Unternehmen ein Investment von knapp fünf Millionen Euro. Bayern Kapital wurde 1995 als Venture-Capital-Gesellschaft des Freistaats und Growth-Investor gegründet, um ganz gezielt innovative Technologien und Start-ups in Bayern zu fördern.

Mit unserer nachhaltigen Stromspeicherung können Produktion und Verbrauch entkoppelt werden

Der hohe Kapitalzufluss, auch von weiteren Partnern, ermöglichte VoltStorage zudem einen Strategiewechsel. In den Anfangsjahren setzte das Unternehmen auf das Endkundengeschäft, also auf Speichersysteme verschiedener Größen für Privathaushalte und kleinere Betriebe. „Wir verfügen inzwischen über die größte in Betrieb befindliche Flotte an Flow-Batterien der Welt“, verrät Jakob Bitner nicht ohne Stolz. Für die Zukunft ist der Fokus jedoch ganz klar auf Großkunden gerichtet. Und auch das Managementteam wurde für diese Zielsetzung erweitert. Seit 2022 unterstützt Verena Graf als COO das Gründer-Trio.

„Mit der Entwicklung unseres patentierten Flow-Batteriezelldesigns ist es uns auch gelungen, einen Batterie-Zellstack – das sind mehrere, aufeinandergestapelte gleichartige Zellen – zu entwickeln, der automatisiert und so in hohen Stückzahlen produziert werden kann“, erklärt Jakob Bitner. Was zu niedrigeren Produktionskosten führt und die Flow-Batterien damit auch für Entwicklungs- und Schwellenländer attraktiv macht.

Im Forschungslabor von Voltstorage

Im Forschungslabor erfolgen auch der Feinschliff und die Optimierung der Prototypen

„Mit unserer nachhaltigen Stromspeicherung können Produktion und Verbrauch entkoppelt werden, das ist ein wesentlicher Baustein für das Gelingen der Energiewende“, so fasst CEO Jakob Bitner die Rolle seines Unternehmens zusammen. Es sieht also danach aus, als könnte von München aus ein wesentlicher Beitrag dazu geleistet werden, dass nachhaltige Energiegewinnung und nachhaltige Energiespeicherung künftig eine Einheit werden.

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