Abbildung  Laserschneidmaschine TruLaser 3040 fiber von TRUMPF
Unternehmen

Krisenfest durch Modernisierung

Richtige Investitionen zur passenden Zeit: Die Stiegeler Metallbau GmbH aus dem Unterallgäu hat rechtzeitig ihre Maschinen modernisiert. Das sichert nicht nur Kundschaft, sondern senkt auch Energie- und Materialkosten. Ein entscheidender Vorteil in stürmischen Zeiten
TEXT Martin Haase

Das mittelständische Familienunternehmen Stiegeler Metallbau GmbH liegt fast ein bisschen unscheinbar am Rand der 3.500-Seelen-Gemeinde Ettringen, einer der beschaulichen Ortschaften im Herzen des bayerischen Schwabenlands. Auf der gut 1.600 Quadratmeter großen Produktionsfläche fertigt die Firma qualitativ hochwertige Zubehörteile für Milliardärsjachten, 5-Sterne-Hotels oder Luxusboutiquen.

Unternehmensgründer Georg Stiegeler

Georg Stiegeler gründete sein Unternehmen

als Kunstschlossermeister im Jahr 1985

Ein bemerkenswertes Portfolio mit vielen internationalen Kunden. „Das Dorf weiß gar nicht, was wir machen“, erzählt Georg Stiegeler, der seit 2006 gemeinsam mit seinem Sohn Christian den 1985 gegründeten Familienbetrieb mit 15 Mitarbeitern leitet. Seit 2013 ist auch Benjamin Stiegeler als Meister und Betriebswirt Teil der Firma. Bei vielen mittelständischen Handwerksunternehmen auf dem Land kommen die Aufträge primär aus der Region. Nicht so bei der Stiegeler Metallbau GmbH. „Davon sind wir komplett weg“, erklärt der Geschäftsführer. Die Kundschaft kommt aus aller Welt, unter anderem aus England, Florida oder Istanbul. Die Stiegelers sind nicht einmal selbst aktiv auf der Suche nach diesen Aufträgen – die Kunden treten von sich aus an sie heran. Der Grund: Sie verfügen über Techniken, die kaum ein anderes Unternehmen verwendet. „Wir haben schon immer eine Nische bedient“, sagt der Kunstschlossermeister, „die Kunden finden uns und erzählen anderen davon.“

Besonders die V-Cut-Technologie hat ihnen vor fünf Jahren einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Mit der entsprechenden Maschine lassen sich besonders dicke Bleche sehr eng und scharfkantig biegen. „In Deutschland gibt es nur drei bis vier Unternehmen, die diese Technologie haben, und wir sind eines davon.“

Darüber kamen zum Beispiel die Aufträge für Luxusjachten: „Wir sind da hineingerutscht, weil wir die Maschine haben. Der Architekt will extrem scharfkantige Biegungen für Blechverkleidungen, sucht im Internet nach der V-Cut-Technologie und findet uns.“ Heute muss Stiegeler Aufträge ablehnen, weil es einfach zu viele wären. Wie so oft im Handwerk ist es auch für den Familienbetrieb in Ettringen schwierig, neue Fachkräfte zu finden.

In Deutschland gibt es nur drei bis vier Unternehmen, die diese Technologie haben

Die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie konnte das Unternehmen bewältigen, auch wenn die Krise nicht spurlos an Stiegeler vorüberging. „Zwei bis drei Kunden hatten einen Totaleinbruch. Zum Stichtag, also vom 20. zum 21. März, verloren wir Projekte in beachtlicher Höhe. Von einem Tag auf den anderen“, erinnert sich Georg Stiegeler. Andere Kunden haben dafür enorm investiert und hatten neue Aufträge für die Stiegeler GmbH. So habe sich das die Waage gehalten, fasst der Senior-Chef zusammen.

Dass das Unternehmen immer wieder eine neue Nische findet und nicht von der Konkurrenz eingeholt wird, liegt auch an einem Funken Risikobereitschaft. Besonders Christian Stiegeler weiß seinen Vater mit frischen Ideen zu überraschen. Ein Beispiel dafür ist die Anschaffung einer computergesteuerten Fräsmaschine. An der alten, analogen Fräsmaschine waren nach etwa zehn Jahren Betrieb Reparaturen fällig. „Da sind ein paar Zahnräder kaputtgegangen, die haben richtig viel Geld gekostet. Doch im Nachbarort gab es eine Versteigerung, bei der die gleiche Maschine angeboten wurde.“ 

Werkhalle der Stiegeler Metallbau
Ein Mitarbeiter bedient eine Maschine per Knopfdruck

Einblick in den mittelständischen Familienbetrieb:

In der Werkhalle der Stiegeler Metallbau GmbH stehen die Maschinen dicht an dicht. Hier arbeiten die 15 Mitarbeiter sowie Georg, Christian und Benjamin Stiegeler auf engem Raum zusammen

Da der Firmenchef an diesem Tag seiner Arbeit nachgehen musste, schickte er seinen Sohn zur Auktion. „Ich sagte ihm: ‚Wenn die Maschine aufgerufen wird, kannst du bis 2.500 Euro mitgehen." Doch als Christian Stiegeler nach der Auktion seinen Vater anrief, traf diesen der Schlag: Er sollte gut 12.000 Euro bereitstellen.

Blechprodukt mit scharfkantiger, enger Biegung

Solides Handwerk:

Die neue Biegemaschine erlaubt scharfkantige und enge Biegungen. So können Blechprodukte den luxuriösen Eindruck von Edelmetallen erzeugen.

Was war passiert? Sein Sohn hatte eine moderne CNC-Maschine ersteigert, die zu diesem Zeitpunkt keiner der Angestellten bedienen konnte. Um das zu lernen, besuchen Handwerker teils mehrwöchige Fortbildungen. Doch Christian Stiegeler nahm sich des neuen Geräts an, setzte sich mit Handbuch vor die CNC-Fräse – „und nach anderthalb, zwei Tagen hat er das Firmenlogo mit der Maschine gefräst“, erzählt Georg Stiegeler. Der heutige Junior-Chef war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre jung und noch in Ausbildung. Das legte den Grundstein für den Einsatz der CNC-Technik im Familienunternehmen und verschaffte der Firma neue Aufträge.

Die Geschichte zeigt: Der deutsche Mittelstand steht nicht still – und das ist auch notwendig. Der Mammutaufgabe Digitalisierung muss sich auch das Handwerk stellen, zudem belasten im Zuge des Krieges in der Ukraine die steigenden Energie- und Materialpreise den Markt.

Dass Stiegeler in den vergangenen Jahren dennoch wachsen konnte, ist auch darauf zurückzuführen, dass sich das Unternehmen den Herausforderungen frühzeitig gestellt hat. Mithilfe einer LfA-Förderung investierte das Metallbauunternehmen 2018 in zwei neue Maschinen, die nicht nur Energie sparen, sondern auch die Materialkosten erheblich senken.

Mittels eines modernen EDV-Systems werden die Produkte im 3D-Modell am Computer entworfen, die Maschinen erledigen die notwendigen Arbeiten automatisch.

Die neuen Maschinen sollten primär Verluste durch Abwärme reduzieren und insgesamt energieeffizienter arbeiten. Doch die Investition hat sich auch in weiteren Bereichen bezahlt gemacht. „Mit dem neuen Laser sparen wir Energiekosten, außerdem können wir sauberer schneiden und noch mehr Materialien verarbeiten.“ Unter anderem Messing, das heute stark nachgefragt wird: So hat sich der Kundenkreis abermals erweitert.

Daneben besaß Stiegeler eine Biegemaschine, die enorm viel Ausschuss produzierte, da sie die Winkel teils um einige Grad verfehlte. Das moderne, computergesteuerte Gerät arbeitet dagegen hochpräzise.

Ein Stiegeler-Metallbau-Mitarbeiter verschweißt eine Gitterblende

Bei der Veredelung ist Handwerksarbeit gefragt,

hier verschweißt ein Mitarbeiter eine Gitterblende

Der Einsatz beider Maschinen hat sich schnell gelohnt: Der Umsatz stieg von 2019 bis 2021 bei konstanter Mitarbeiterzahl um etwa 30 Prozent.

Mit Blick auf die nächsten Jahre zeigt sich Stiegeler optimistisch: „Klar ist, dass wir Aufträge haben. Wir wissen nur noch nicht, welche Arbeiten genau wir verrichten werden.“ Wer die Augen offen hält, kann schon jetzt in vielen Luxushotels bestaunen, was das Familienunternehmen produziert. Vielleicht verbinden die Besucher irgendwann auch den Namen Stiegeler mit den Lobbys der Nobelunterkünfte. Und dann wissen womöglich auch die Ettringer, was die Stiegeler Metallbau GmbH eigentlich so macht.

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