Der Bayerische Wald. In Höhen von 600 bis 1.000 Metern wächst dort eine kleine, krautähnliche Pflanze mit weißen Blüten: die Bärwurz. Schon im Mittelalter sagte man dem Doldengewächs eine heilsame Wirkung auf Magen, Leber und Niere nach. Heute wird das aus seiner Wurzel gewonnene, klare Destillat besonders wegen seines holzigfeinen Aromas geschätzt. Die niederbayerische Spezialität ist auch der Star im umfangreichen Sortiment der alten Hausbrennerei Penninger. Genauso wie der weithin bekannte Blutwurz-Likör.
Am Stammsitz in Hauzenberg produziert die Destillerie knapp eine Million Flaschen Spirituosen pro Jahr. Seit zwei Jahren ist Stefan Penninger Geschäftsführer des mehr als 100 Jahre alten Familienunternehmens, das für hochwertige Obstbrände, Kräuterliköre sowie Essig steht – und neuerdings auch für Gin, Rum und Whiskey. Den Grundstein des Unternehmens legte der Ururgroßvater 1905 mit seiner Essigproduktion, die in den 20er-Jahren um die Schnapsbrennerei erweitert wurde. Die Leidenschaft für hochwertige Destillate wurde Stefan Penninger also quasi in die Wiege gelegt: „Ich bin am Hof aufgewachsen. Eine gewisse Verbundenheit zur Brennerei gab es schon immer.“
Trotzdem entscheidet sich der junge Penninger für eine andere Laufbahn, studiert Betriebswirtschaft und Informationswissenschaft in Regensburg. Darauf folgt eine Forschungsarbeit im Bereich IT-Security. 2012 fällt der Entschluss, in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Es wäre keine Option gewesen, die Firma zu verkaufen, weil sich kein Nachfolger in der Familie findet: „Ich wusste anfangs nicht, ob ich der Richtige dafür bin. Innerhalb von zwei Jahren war aber klar, dass es meine Berufung ist.“
Zusammen mit seinem Vater übernimmt er die Geschäftsführung und lässt sich zum Bayerischen Edelbrand-Sommelier an der Fachhochschule Weihenstephan ausbilden. 2017 schließt der motivierte Nachfolger als Deutschlands bester Destillateurmeister seines Jahrgangs an der Industrie- und Handelskammer in Berlin ab. Letztendlich übernimmt er die Anteile des Vaters und somit die volle Verantwortung für die Brennerei. Heute ist der 38-Jährige die treibende Kraft für neue Ideen bei den Penningers: „Ich möchte unsere Tradition wahren, der Firma aber auch ein Stück weit meinen Stempel aufdrücken: moderner, weltmännischer, weltoffener.“ Dass er das Zeug dazu hat, beweist der Jungunternehmer mit seinem Gin „Granit“. Zweimal wurde die Wacholder-Spirituose mit dem Award „World’s best traditional Style Gin” ausgezeichnet.
Vom Erfolg ermutigt, probiert sich Penninger weiter an internationalen Spirituosen und präsentiert darüber hinaus den Rum „Graphit“ sowie den „Penninger Whiskey“. Was noch folgt? Zunächst der für Frühjahr 2020 geplante Umzug in das neue Firmengebäude im nur elf Kilometer entfernten Waldkirchen, inklusive eigener Whiskey-Brennerei.
„Der Neubau hält nicht nur für uns neue Chancen bereit, sondern auch für die Region“, findet der ambitionierte Inhaber, den bei diesem Großprojekt mit Kosten von immerhin zehn Millionen Euro die LfA unterstützt. „Ohne Förderungen wäre es schwierig geworden, so ein komplexes Vorhaben auf die Beine zu stellen“, betont Penninger. „Die Beantragung der Fördermittel ist extrem positiv für uns verlaufen, von der Anfrage über das Handling durch die Hausbank bis hin zur Bewilligung und Auszahlung.“
Im Entstehen ist eine Schaubrennerei mit Besucherzentrum, die sich nicht nur auf die Spirituosen- und die Essigherstellung beschränkt, sondern auch ein gastronomisches Konzept und eine eigene Kaffeerösterei umfasst. Penninger: „Besucher wollen heute einfach mehr erleben. Wir zeigen nicht nur, was wir machen, sondern auch, wie wir es machen.“ Wichtig war dem Hausbrenner auch, dass der neue Standort für seine langjährigen Mitarbeiter gut erreichbar bleibt. Denn es sind vor allem die Menschen, die er an der Heimat schätzt. „Anfangs scheinen die Leute hier eher reserviert. Ihr Vertrauen muss man erst gewinnen. Hat man das geschafft, kann man sich aber zu hundert Prozent auf sie verlassen“, weiß Penninger.