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Kunstkalender 2022 – Kalenderblatt Oktober

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2022

Technische Daten

  • Julia Dietrich
  • Titel: Säulenfragment, aufgehängt
  • Jahr: 2019
  • Größe (H x B x L): 155 cm x 200 cm
  • Technik: Installation

Säulenfragment, aufgehängt

»Bei dem Stück Stein, dem Form und Anwendung zugeschrieben werden, handelte es sich um das tragende Bauelement einer Säule. Mithilfe der Nylonschnur habe ich eine selbstbewusste, wie fragile Anwendung entwickelt, die die Subjekt-Objekt Beziehung zur Diskussion stellen möchte. In der Installation arbeite ich gegen die Eigenschaften an, die wir den Materialien zuschreiben. Ich möchte einen Raum ermöglichen, in dem das Stück Stein sich seine Eigenständigkeit verschafft.«

Unter Bildhauerei verstehen wir zumeist einen Vorgang, bei welchem aus einer unbearbeiteten rohen Masse eine Form geschaffen wird. Julia Dietrich geht einen anderen Weg in ihrer Beschäftigung mit Material. Sie interessiert sich für Dinge, ohne ihnen eine neue Form aufzwingen zu wollen. Sie verwandelt diese durch gezielte Eingriffe, welche die Eigenschaft dieser gefundenen Objekte aufnehmen, verwandeln oder unterstreichen, ohne sie dabei in ihrer Gestalt zu verändern.

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    In unserem Fall handelt es sich um ein Werkstück aus Granit. Massiv und schwer zeigt es Abbruchkanten, Schnitte und Löcher, die auf einen früheren handwerklichen Arbeitsprozess hinweisen. Im Laufe dieses Entstehungsprozesses wurde das Werkstück, das als Bauteil einer Säule geplant war, anscheinend verworfen. Es bleibt rätselhaft, wann und wofür der Granitblock bearbeitet und wann er an der Kunstakademie liegengelassen wurde. Er war einfach da.
    In den Augen und Händen von Julia Dietrich darf dieses Rätsel bleiben. Sie nimmt das Eindeutige auf: Die schwere Masse, deren Form zwischen Spuren der Bearbeitung und der Fertigstellung in einem Zwischenbereich stehen geblieben ist, wurde durch das Einbinden in einen neuen Kontext verändert. Die spontane Idee kombinierte das Säulenfragment, welches in seiner Massivität und Schwere vielleicht eine Last zu tragen hätte, mit der fast immateriellen Leichtigkeit von Nylonschnüren. Die Schnüre mit der hohen Zugfestigkeit halten den Stein in der Schwebe, sodass er nur auf einer schmalen Kante am Boden aufsitzt, wo seine Masse getragen wird. Die dezenten Linien dieser filigranen Aufhängung zeichnen sich in den umgebenden Raum und kontrastieren zum Volumen der schweren Masse. Mit dieser Inszenierung eines gefundenen Objekts erweitert Julia Dietrich den klassischen Prozess der Bildhauerei. Sie schafft eine neue sinnliche, ungewöhnliche Erfahrung des Materials, das seine Form und sein Rätsel behalten darf.

    Text: Jochen Meister

    Die Künstlerin

    Künstlerin: Julia Dietrich
    Julia Dietrich
    1991

    Geboren in Sulzbach-Rosenberg
    lebt und studiert in München

    2013 – 2015

    Meisterschule für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk München

    Seit 2017

    Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Professor Hermann Pitz

    Ausstellungen (Auswahl)

    2020

    Jahresausstellung der Akademie der Bildenden Künste München, PROZESS*ION, Klasse Pitz

    2021

    EPILOG – dem Fleische ergeben, Akademiegalerie München (Einzelausstellung)

    PREISE (AUSWAHL)

    2014

    1. Preis Wettbewerb HolzSteinGold der Fachschule für Steintechnik München

    2015

    Meisterpreis der Bayerischen Staatsregierung

    2017

    Goldmedaille für Entwurf bei der Internationalen Gartenschau in Berlin

    julia-dietrich.com

    Foto Kunstwerk: © Diogo da Cruz