Kunstkalender 2021 – Kalenderblatt Juli
Diese Sätze scheinen wie die Blicke an uns gerichtet zu sein. Lukas Ulrich stellte sie aus den Gesprächen zusammen, die er mit seinen Modellen während des Fotografierens führte. Er nutzte dazu traditionelle Kleinbildfotografie, belichtete die Abzüge
und scannte sie für die Plakatproduktion. Warum dieses aufwändige Verfahren? Die analoge Technik bedingt für ihn eine höhere Konzentration auf den erwünschten Moment. Die Intensität zwischen Modell und Autor wird dadurch befördert.
In den Unterhaltungen fragte der Fotograf, was von der neuen Situation dauerhaft bliebe, welche Sorgen die Zukunft jetzt mit sich brächte und was man sich für diese Zukunft wünsche. Die Maske ist der bildliche Inbegriff für die Isolation, in der sich die Menschen angesichts der tödlichen Viren begeben. Sie fordert uns extrem heraus, wenn es um Kommunikation insbesondere in der Öffentlichkeit geht. Wenn der Gesichtsausdruck eines Menschen, seine Mimik, zu einem großen Teil verdeckt ist, fehlen gewohnte Informationen über seine emotionale Befindlichkeit. Zugleich schärft die Maske den Blick für den Augen-Blick, die Kontaktaufnahme mittels der Augen. Diese traf den fotografischen Blick, welcher durch die Zitate um eine inhaltliche Ebene mit Bezug zum aktuellen Zeitgeschehen, ebenso wie der abgebildeten Person erweitert wurde.
Schließlich war es Lukas Ulrich wichtig, dass seine Porträts unmittelbar im öffentlichen Raum wirken konnten. Die schwarzweißen Plakate setzten sich deutlich von der üblichen buntfarbigen Werbung ab, wenn sie an entsprechenden Stellen im Stadtraum geklebt wurden. Eine Serie wurde am Zaun des Biergartens des »Palais Schaumburg«, einer bekannten Nürnberger Szene-Kneipe, angebracht. Die maskierten Gesichter in Schwarzweiß wirken vor den leeren Tischen und Stühlen wie ein Sinnbild der Veränderung, die der sogenannte »Lockdown« für jeden Einzelnen individuell brachte.
Text: Jochen Meister