Die Bruckmayer Mühle in Altötting
Menschen

Mahlen, schroten – Strom produzieren

Die Bruckmayer Mühle klappert seit über 130 Jahren in Altötting. Müllerin Veronika Bruckmayer bringt frischen Wind in ein traditionsreiches Handwerk – und einige neue Ideen
TEXT Alissa Selge

Der Holzboden knarzt, als Veronika Bruckmayer die schmalen Treppen ihrer Mühle hochsteigt. Das Rattern und Trommeln der Walzenstühle, die mit rotierenden Stahlwalzen das Getreide mahlen, übertönt ihre Stimme. Deswegen hört sie für einen Moment auf zu erzählen und deutet auf die frisch geernteten, dunklen Roggenkörner in ihrer Handfläche. Bei jedem Gerät und jedem Arbeitsschritt, den sie erklärt, wird deutlich, wie sehr sie für ihren Beruf brennt. „Ich bin stolz darauf, dass ich das Getreide und das Mehl für unsere Grundnahrungsmittel erzeugen darf“, bekräftigt die Müllerin.

Veronika Bruckmayer, Inhaberin der Bruckmayer Mühle

Veronika Bruckmayer

Seit 17 Jahren mit ganzem Herzen Müllerin

Veronika Bruckmayer ist mit der Mühle in Altötting aufgewachsen, kennt den Betrieb seit frühester Kindheit. Schon mit 17 Jahren stand deshalb für sie fest: Sie wird das Unternehmen übernehmen – die Mühle, die 540 Jahre alt ist und sich seit 130 Jahren im Besitz der Familie befindet, und auch den Ackerbau, mit dem die Bruckmayers das Getreide für ihre Erzeugnisse selbst produzieren. Noch auf dem Gymnasium beginnt sie, regelmäßig Versammlungen des Landwirtschaftsamts zu besuchen, um sich weiterzubilden und Aktuelles rund um die Pflanzenzucht zu besprechen. Es folgen ein Studium in Agrarmarketing und Management in Weihenstephan sowie eine Ausbildung zur Müllerin mit anschließender Meisterprüfung. Damals ist sie erst Anfang 20, aber voller Tatendrang. „In dem Alter hat man noch nicht so viel Respekt. Da macht man einfach“, lacht die zierliche Bayerin. Wie sie die Mühle in Zukunft führen möchte, hat sie sich allerdings genau überlegt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung steigt sie 2003 ins Unternehmen ein, baut die Mühle gemeinsam mit ihren Eltern um und bringt sie technisch auf den neuesten Stand. Um den aktuellen Lebensmittelanforderungen gerecht zu werden, rüstet die Müllerin immer wieder erforderliche Technik nach, beschäftigt sich mit Qualitätsmanagement und Effizienz. In der Landwirtschaft schlägt sie ebenfalls neue Wege ein und baut nicht mehr nur Weizen und Roggen an, sondern auch andere Sorten wie Dinkel oder Emmer. Heute verkauft Bruckmayer mehr als 40 verschiedene Sorten Mehl, Grieß und Schrot.

Die endgültige Übernahme erfolgte dann 2014. Vor allem Bruckmayers Vater freut es, dass eine seiner drei Töchter die Mühle weiterführt. Immerhin ist der Betrieb seit 130 Jahren in Familienbesitz; die Geschichte ist untrennbar mit der der Familie verflochten. Seit 1890 wird die Mühle von Generation zu Generation weitergegeben und stetig modernisiert.

Auch heute noch unterstützt die ganze Familie tatkräftig: Die Eltern Josef und Gabriele kümmern sich um die Landwirtschaft und die Buchhaltung, die Schwestern bringen sich als Architektin bei Umbauten und als Bankkauffrau im Büro ebenfalls ein. Bruckmayers Mann Tobias arbeitet als Bauingenieur, packt aber auch an, wo er kann. Vor allem bei einem weiteren Herzensprojekt ist sein Know-how von unschätzbarem Wert: dem Bau des neuen Mühlenladens.

Wir werde uns immer wieder neue Ideen einfallen lassen, um unseren Weg weiter zu gehen

„Anfangs war das nur ein kleines Zimmer, in dem wir unser Mehl angeboten haben“, erinnert sich Bruckmayer an die Anfänge des Mühlenladens. Aber das Interesse der Kunden wird immer größer: Sie fragen nach Nudeln, nach Müsli, nach Brot.

Ein neues Gebäude muss her, mit Platz für Kundenkontakt, die eigenen Waren und andere regionale oder biologische Produkte. Der Bau beginnt im April 2019 und wird im November desselben Jahres beendet. Das Gebäude ist luftig, hell und erfüllt die Standards eines Energieeffizienzhauses. Es wird mit einer Hackschnitzelanlage geheizt und ist finanziert durch einen Energiekredit Gebäude der LfA. Jetzt stehen rund 3.000 regionale Produkte auf 300 Quadratmetern Verkaufsfläche. Es gibt neben Mehl und allen anderen eigenen Erzeugnissen aus der Mühle auch frisches Brot und Kuchen, Obst und Gemüse, Naturkosmetik und Säfte, Riegel und Tees. Und das Bruckmayer Müsli in sechs verschiedenen Sorten, das nur Haferflocken aus Bayern enthält, ausschließlich bei den Bruckmayers produziert wird und besonders beliebt ist bei den Kunden. Bruckmayer: „Seit Corona hat sich natürlich einiges getan. Der Direktverkauf und der Online-Shop haben sich ordentlich entwickelt. Das Vertrauen zum Erzeuger und in die Unterstützung vor Ort scheint noch mehr geworden zu sein.“

Der regionale und nachhaltige Ansatz des Mühlenladens findet Anklang. Aber auch sonst ist die Müllerei sowieso ein ziemlich nachhaltiges Handwerk. Mit Wasserkraft aus dem Mörnbach, erzeugt durch eine über 100 Jahre alte Turbine, kann sich der Betrieb ein Stück weit selbst versorgen. Energie, die darüber hinaus noch benötigt wird, kommt von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Nebengebäude, die 35 Kilowatt pro Stunde produzieren. Oder es wird, gemeinsam mit anderen Müllern, nachhaltiger Strom eingekauft. Außerdem entstehen im täglichen Geschäft so gut wie keine Abfälle. Das Getreide wird komplett verwertet – entweder als Mehl oder als Futtermittel. Und auch der Mehltransport zu den Kunden klappt ohne Müll. Bruckmayer beliefert Bäcker in einem Umkreis von 60 Kilometern – je nach Bestellung drei bis zehn Tonnen einmal in der Woche oder alle 14 Tage. Das Mehl wird mit Druckluft vom eigenen Silo in einen Silotankwagen und von dort in das Silo des Bäckers pneumatisch transportiert. Von da kommt es direkt in den Teigkneter der Backstube.

Vom Feld zur Mühle, zum Bäcker, und das alles ohne Verpackungsmüll. „Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig“, erklärt Bruckmayer. „Zum Glück ist das Müllerhandwerk eine sehr saubere Sache.“ Bruckmayer arbeitet jetzt schon seit 17 Jahren in der Mühle. Eine Zeit, in der die Auflagen für die Lebensmittelerzeugung immer strenger wurden. Bruckmayer muss sich an die vom Qualitätsmanagement vorgeschriebenen Arbeitsvorgänge halten und diese von der Ernte über den Auslese-, Reinigungs- und Vermahlungsprozess bis zum Vertrieb steuern, kontrollieren und schriftlich festhalten. Mühsam ist dabei vor allem die zeitaufwendige Dokumentation jedes Arbeitsschritts.

Der Mühhlenladen der Bruckmayer Mühle
Müllerin Veronika Bruckmayer

Der Mühlenladen ist ein Herzensprojekt der Müllerin. Auf 300 Quadratmetern werden hier Mehl, Müsli, Brot und Kuchen, aber auch Gemüse, Öl, Wein und Naturkosmetik verkauft

Weitere Herausforderungen werden auch in Zukunft nicht ausbleiben, da ist sich die 42-jährige sicher. „Wir werden uns aber immer wieder neue Ideen einfallen lassen, um unseren Weg weiterzugehen“, sagt sie zuversichtlich und mit einem Lächeln auf den Lippen. „Mein Ziel ist auf jeden Fall, die Mühle in die Zukunft zu führen. Das ist meine Aufgabe.“

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