Unternehmen
FAKTEN
Finanzierung: Universalkredit Innovativ (LfA)*
Standort: Memmingen
Geschäftsfeld: Kunststoff-Recycling
Mitarbeiter: 12
↳ www.sepaplast.com
Foto: PR
Text: Marlene Irausek
Plastik ohne Ende
Hochwertiges, reines Kunststoff-Granulat aus bisher untrennbaren Verbundfolien herzustellen klingt nach einer bahnbrechenden Entwicklung. Ist es auch. Begonnen hat sie bei SepaPlast in Memmingen
Recyceltes Polyamid und Polyethylen, das anstelle von Neuware für die Herstellung von Kunststoffteilen und zum Einfärben ungefärbten Kunststoffes wieder eingesetzt wird. Wer hätte gedacht, dass einem kleinen Unternehmen in Schwaben dieser Durchbruch gelingt? Wolfgang Zacherle war sich da ziemlich sicher. Mit seiner Firma SepaPlast hat er es geschafft, eine weltweit einzigartige Anlage zu konstruieren, die hochwertiges und reines Regranulat aus bisher untrennbaren PE/PA-Verbundfolien herstellt.
Polyethylen (PE) und Polyamid (PA) sind zwei häufig verwendete Kunststoffarten. PE/PA-Folien bestehen aus einzelnen Schichten dieser beiden Stoffe und werden überwiegend zum luftdichten Verpacken von Fleisch, Käse oder anderen Lebensmitteln verwendet. Polyamid ist als Sauerstoffbarriere sowie für die Ausformung der Verpackung notwendig, das Polyethylen versiegelt und stabilisiert diese. Im Kreis Memmingen sind einige Unternehmen ansässig, die diese Verbundfolien herstellen. Mit der Firma Neidhardt schon jahrzehntelang in der Recyclingbranche für Industrieabfälle tätig, recycelte Zacherle die Abfälle der Firmen bereits vorher und kennt den Markt gut. PE/PA-Verbundfolien sind jedoch mit einem Standard-Recyclingverfahren nicht mehr trennbar, sondern können nur gefiltert und zerkleinert werden. Somit ist das recycelte Material in der Industrie nicht mehr einsetzbar und kann nur noch als Füllstoff verwendet werden.
Zacherle wusste, dass er deutlich bessere Marktpreise erzielt, wenn es ihm gelingt, die bis jetzt untrennbaren Bestandteile der PE/PA-Kunststoffverbindung in qualitativ hochwertige Primärkunststoffe zu trennen. Das Verfahren dafür ist aus der Chemie und Forschung bekannt, wurde bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht im industriellen Maßstab umgesetzt. So machte er sich daran, das zu ändern, und gründete die Firma SepaPlast. Unterstützung holte sich der Geschäftsmann dabei von dem Physiker Dr. Richard Sizmann aus München und dem Unternehmensberater Dr. Wolfgang Häussler aus Kempten. Entstanden ist ein Kreislaufprozess, der keine toxischen Abfälle erzeugt und Material hervorbringt, das am Kunststoffmarkt problemlos verkauft werden kann.
Wie das funktioniert, erklärt Dr. Sizmann am Beispiel von Sand, Salz und Wasser. Ausgangspunkt ist eine Mischung aus Sand, in diesem Fall das Polyamid, und Salz, hier das Polyethylen, die wieder voneinander getrennt werden sollen. Durch Zugabe von Wasser, in der Anlage ein Lösemittel, löst sich das Salz (PE) auf und der Sand (PA) bleibt ungelöst im Wasser. Der Sand (PA) wird abgefiltert, und die Lösung von Salz (PE) und Wasser (Lösemittel) wird eingedampft. So wird das Salz (PE) wiedergewonnen, und das restliche Wasser (Lösemittel) wird zurückgeführt und für den nächsten Lösevorgang eingesetzt. Bei der Gewinnung des Polyethylen (PE) wird außerdem noch ein Veredelungsschritt eingefügt. So wird der PE-Lösung Ruß, in der Fachsprache „Carbon Black”, beigemischt, bevor sie eingedampft wird. Somit entsteht schwarzes Polyethylen, das zum Einfärben von ungefärbtem Kunststoff verwendet wird. Mit diesem Prozess gelingt es SepaPlast, reines PA- und PE-Masterbatch aus Industrieabfällen wiederzugewinnen. Eine echte Innovation, die das Potential hat, Kunststoff- Recycling zu revolutionieren. Das erkannte auch die LfA, die dem Startup einen Förderkredit mit Haftungsfreistellung* für die Hausbank gewährte.
Drei Millionen wurden so für das Projekt finanziert. Investiert wurde wesentlich mehr, denn auch private Investoren haben Risikokapital in das Zukunftsprojekt gesteckt. Ohne diese Unterstützung wäre eine Realisierung der Idee nicht möglich gewesen. Mit der Umsetzung wurde 2014 begonnen, dabei gingen die Fachmänner Schritt für Schritt vor. Zunächst wurden die Behälter zum Auflösen getestet, dann der Löseprozess untersucht. Erst wenn ein Abschnitt funktionierte, gingen sie zum nächsten über, bis die weitestgehend automatisierte Anlage modulweise aufgebaut war. Heute werden damit zehn Tonnen Industrieabfälle pro Tag verarbeitet. Die Kapazität ist auf ein Vielfaches davon ausgelegt und konkret eingeplant.
Mit dem Knowhow, wie man das chemische Trennverfahren in den Industriemaßstab umsetzt, könnte SepaPlast in Zukunft auch andere Verbundkunststoffsysteme recyceln, zum Beispiel PET/PE. Es gibt aber auch Kunststoff-Alu-Verbindungen, die getrennt werden könnten. Erste Laborversuche mit PET/PE-Verbindungen beweisen, dass es funktioniert. Für die Zukunft sind schon weitere Anlagen zur Wiederaufbereitung von PE/PA-Verbindungen, aber auch für andere Verbundstoffe geplant. Zacherle und seine Kollegen suchen bereits nach geeigneten Gewerbegebieten in Bayern. Das Projekt bietet noch viel Potential und einen richtungsweisenden Ansatz für das Kunststoff-Recycling, da es sowohl nachhaltig, als auch wirtschaftlich ist. Weltweit einsetzbar könnte es auch für den Umweltschutz einen großen Gewinn bedeuten. Das Problem mit Plastik ist nämlich nicht der Wertstoff an sich, sondern dessen Verwendung und Entsorgung. Wenn es gelingt, Kunststoffe wieder in den Kreislauf zurückzuführen, anstatt sie nicht ordnungsgemäß zu entsorgen, entlastet auch das unsere Umwelt.
*Die Finanzierung wird von der InnovFin KMU-Kredit-Garantiefazilität des Horizon-2020-Programms der Europäischen Union (Rahmenprogramm für Forschung und Innovation) und dem unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) ermöglicht. Zweck des EFSI ist es, die Finanzierung und Durchführung produktiver Investitionen in der Europäischen Union zu fördern sowie einen verbesserten Zugang zu Finanzierungen sicherzustellen.