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Kunstkalender 2016 – Kalenderblatt Titelseite

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2016

Technische Daten

  • Carolina Wolfrum
  • Techniques of the Body
  • 2015
  • Videocollage, 1 min

 

Techniques of the Body

Der Mensch sei das erste Tier, dass sich selbst dressiert habe. Carolina Wolfrum nahm diese These zum Ausgangspunkt und spitzte sie auf die Verdichtung prägnanter Bildfolgen zu. So setzte sie sich in einer genau einminütigen Videoarbeit mit dem Thema auseinander, das ihrer Klasse als Aufgabe für die Jahresausstellung gegeben wurde. Der Titel des Videos bezieht sich auf einen Text des französischen Soziologen Marcel Mauss von 1934. Darin geht es um sogenannte kulturelle Techniken, die sich auf der ganzen Welt zwar in unterschiedlichen Formen, aber prinzipiell für z. B. körperlich lebensnotwendige Tätigkeiten wie Essen oder Schlafen finden lassen. Nun ist eine künstlerische Arbeit keine soziologische Abhandlung. Wolfrum konzentriert sich deshalb auf wesentliche Bilder. Die Videocollage endet mit einer Spieldose, auf der sich das Figürchen einer Ballerina im Kreis dreht. Es ist sozusagen das finale Motiv. Die Mechanik mit der Aufziehfeder lässt an das Automatenwerk eines Maschinenmenschen denken, der Bewegungen in emotionsloser Perfektion durchführt. Damit verbunden werden Szenen aus der Ballettschule sowie der Dressurreiterei. Die Übungen der Tänzerinnen und Reiterinnen sollen gleichermaßen zu perfekten Bewegungsabläufen führen.

Wolfrum ist in ihren Arbeiten sehr an sozialen Zusammenhängen interessiert, die heute immer stärker durch Bilder kommuniziert werden. Malerei ist der ausgebildeten Bühnenmalerin bestens vertraut; sie nutzt sie für entsprechend lesbare Bildfindungen. Video aber bietet den Vorteil des bewegten Bildes – und zwar nicht nur der Bewegung im Bild, sondern insbesondere der Führung des Blicks durch das Schneiden und Zusammenfügen von Sequenzen. "Techniques of the Body" mischt unter die Aufnahmen der Übungen und Dressuren die Bilder einer schaukelnden Wiege. Dort fehlt der dunkle Rahmen um das Motiv. Bei genauem Hinschauen fällt auf, dass der Rahmen mit Abbildungen von Eiern gefüllt ist. Das Thema Ei wird letztlich auch von der Form des Bildausschnitts aufgenommen. Am Ende hat die Künstlerin auch in die Wiege ein Ei gelegt und damit ein Symbol für den Ursprung von Leben. Das Ei wird zum versteckten Leitmotiv und zur stillen "Rahmenhandlung" der kulturellen Körpertechniken.

Text: Jochen Meister

Die Künstlerin

Carolina Wolfrum
Carolina Wolfrum
1990

geboren in Hof

2010 - 2013

Ausbildung zur staatlich anerkannten Bühnenmalerin am Theater Hof

2013

Ausstellung "Verborgene Talente und Nachwuchskünstler" in der Burggalerie des Fördervereins Kunstforum Waischenfeld e.V.

seit 2014

Studium der Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste München bei Professor Matthias Wähner