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Kunstkalender 2016 – Kalenderblatt Juni

Metadaten

Kategorie
Kunstkalender
Mediatyp
Bilder, Video
Jahr
2016

Technische Daten

  • Johanna Kanzler
  • Was noch getan werden muss
  • 2015
  • je 30 x 21 cm
  • aus einer Serie von 30 Bildern
  • Buntstift auf ausgedrucktem Farbverlauf

 

Was noch getan werden muss

Künstler sind auch nur Menschen. Banale Notwendigkeiten betreffen sie genauso wie alle anderen. Johanna Kanzler hat diesen Umstand genutzt und in ein Konzept überführt. Das Resultat ist hier ausschnittsweise abgebildet, nämlich vier von 30 Zeichnungen von Geschirrstapeln. Mitglieder studentischer Wohngemeinschaften, insbesondere solcher ohne Spülmaschine, dürften sofort erkennen: Hier hat jemand kleine Gruppen unterschiedlichen Geschirrs aus dem üblichen Haufen neben dem Becken bildlich und ästhetisch freigestellt, die im echten Leben bloß ein Ärgernis sind, weil sich jemand vor dem Spülen drückt. In diesem Fall war es die Künstlerin selbst.

Zeichnen statt Spülen bedeutete für Johanna Kanzler nun aber nicht, sich einem virtuosen Schaffensrausch hinzugeben, der das Notwendige vernachlässigte. Im Gegenteil: Die Dialektik zwischen dem, "was noch getan werden muss" und dem künstlerischen Schaffen in der durchaus mühevollen, kleinteiligen, oft korrigierten Zeichnung macht nachdenklich. Die Künstlerin hätte sich durchaus mehr Freunde in ihrer großen WG gemacht, wenn sie zum Schwamm statt zum Buntstift gegriffen hätte... und ließen sich nicht auch mit sauberem Geschirr die schönsten Stapel bilden? Aber genau darum, um eine rein bildnerische Komposition, geht es eben nicht. "Irgendwas bleibt auf der Strecke", meint Kanzler zu ihrem Konzept, entweder zu zeichnen oder zu spülen. Die Erkenntnis, die durch das Auferlegen des tagtäglichen Geschirrzeichnens, das einen Monat lang genau 30 Blätter hervorbrachte, gewonnen wird, kommt einer Sinnfrage gleich. Warum habe ich das gemacht? Aber schließlich ist doch ein Kunstwerk entstanden. Und der Ironiefaktor ist hoch. Denn das Ergebnis, die Porträts ungespülter Teller, Tassen, Töpfe usw., sind ja ein direktes Resultat der Verweigerung des Nützlichen – einer Attitüde, wie sie gern von "echter" Kunst gefordert wird.

Text: Jochen Meister

Die Künstlerin

Johanna Kanzler
Johanna Kanzler
1991

geboren in Fürth

seit 2011

Studium der Grafik-Design / Visuelle Kommunikation an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei Professor Friederike Girst und Professor Holger Felten

2013

Ausstellung im Rathaus Schwarzenbruck

2015

Gestaltung der Beck Lebkuchendose Künstleredition 2015

www.johanna-kanzler.de